Stayhungry

Ich lebe mit meiner Frau und unserem schon groß gewordenen Sohn in einer Kleinstadt in Süddeutschland. Das Leben in einer langjährigen Liebesbeziehung wie auch das Älterwerden generell bringen für viele Veränderungen in Erotik und Sexualität mit sich. In diesem Spannungsfeld zwischen dem Schwinden der Leidenschaft und dem Wissen um den wahren Wert der gewonnenen Vertrautheit sind meine Geschichten angesiedelt. Sie erzählen von der Suche nach einem neuen Aufbruch und der schmerzlichen Erkenntnis, dass es dabei nicht einfach um ein Zurück zur verlorenen Jugend gehen kann. Und sie erzählen davon, dass die Liebe viele Gesichter und viele Gestalten haben kann, so wie der Tanz sich im leichtfüßigen Walzer und im heißblütigen Tango verkörpert.

Der Bogen der Geschichten spannt sich, mal heiter, mal ernsthaft und nachdenklich, von der Zeit nach dem Scheitern der ersten Ehe des Ich-Erzählers über die Jahre der Suche nach einer neuen Liebe, die sich Angesichts einer zurückliegenden Erwachsenenbiographie nicht mehr so einfach finden lässt wie Anfang Zwanzig, bis hin zur Gegenwart und der Krise der Lebensmitte, die mit den Erfahrungen des Älterwerdens, der hormonellen Veränderungen und des gewandelten Blicks auf Sinnlichkeit und Nähe einhergeht. Als roter Faden durchzieht das Schicksal der Geliebten der Jahre zwischen beiden Ehen des Erzählers die Geschichten, ohne dass diese in jeder präsent wäre. Versucht habe ich jedenfalls, und das war mir das größte Anliegen, in diesem Bereich eine respektvolle Sprache zu pflegen, denn in der Sinnlichkeit liegen Kraft und Verletzlichkeit nahe beieinander und Tabulosigkeit ist bei den meisten enger mit Zärtlichkeit und Sehnsucht verbunden als mit Machtansprüchen und Gewalt. Sinnliche Momente beim Lesen wünsche ich Euch!

Vor vielen Jahren habe ich diese Zeilen geschrieben und sie geben immer noch wieder, was mich bewegt und antreibt. Ich suche die Geschichten nicht, sie kommen zu mir. Manche bleibt eine Zeit, um dann still und leise wieder zu verschwinden, andere wühlen hartnäckig in mir und fordern ein, in eine Form gegeben und erzählt zu werden. Es sind Momentaufnahmen und Erinnerungen, Gedanken über alle Variationen von Liebe, Begegnung, Sinnlichkeit, und es sind umfangreiche Erzählungen über bestimmte, ganz konkrete Menschen. Ich habe sogar einmal versucht, mich ihrer zu entledigen und meine Hauptfigur Tina am von mir gewünschten Ende ihrer Geschichte sterben zu lassen, wiewohl ihr reales alter Ego seit langem glücklich mit ihrem Mann in einer Villa am Starnberger See lebt. Doch als ich ihre Tochter getroffen hatte, fing alles von vorne an. Und so ist Johannas Geschichte wie jene der Amazone Emet die nie endende Erzählung von Kampf und Kontemplation, Entmutigung, Hoffnung und Erfüllung.
Neben den drei Hauptzyklen „Tinas Geschichte“, „Johanna“ und „Amazonengeschichten“ sind die Erzählungen den Bereichen Sehnsucht, Träume, Sinnlichkeit, Leidenschaft und Lieben zugeordnet, und als solche deren Anfang, weil in diesem immer Hoffnung lebt und die Bereitschaft weckt, über sich hinaus zu wachsen. Ihm wohnt der Zauber inne, aus dem etwas Großes erwachsen kann. Und dann gibt es da noch die Geschichten um Agnes' Haus, in dem sich letztlich viele begegnen, weil in fast jedem Menschen irgendwann, und sei es nur für kurz, sich der Wunsch Bahn bricht alle Grenzen zu überschreiten und darin vollumfänglich angenommen zu sein.
Meine Sprache ist manchmal wilder geworden, weil nach den Rückmeldungen, auch meiner Frau, die Urkraft des Eros nicht weichgespült daherkommt. Bei all dem sind Zärtlichkeit und Leidenschaft, wildes Verlangen und absichtsloses Begehren nur die zwei Seiten einer Medaille.  
Also noch einmal: Sinnliche Momente beim Lesen wünsche ich Euch!

Euer stayhungry