Ablenkung

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Ablenkung

Ablenkung

Marc R. Kuhn

I

„Schluss jetzt, sie kommen auch mal ein paar Tage ohne mich zurecht! Bis bald!“, beendet Miriam das Gespräch freundlich, aber bestimmt, die Fassade wahrend aber innerlich kochend vor Wut, Frust und Stress.

Der feste Druck auf das Icon zum Auflegen und der satte Knall der Hotelzimmertür, fallen ineinander, bevor sie ihr Handy einmal quer durch den Raum aufs Bett wirft. Ein Aufflackern von Widerstand gegen einfach Alles. Steht da, schließt die Augen und wartet.

Aber es kommt einfach nicht, dieses Gefühl der Erleichterung, das Durchatmen, auf das sie gehofft hat.

Da war sie nun endlich so vernünftig gewesen sich diese kurze Freiheit zu buchen. Einfach mal raus und weg von all denen, die ständig darauf warten, dass sie ihre Probleme löst. Und sie nun wahrscheinlich selbstsüchtig schimpfen. Weil das einfacher ist, als mal selbst zu denken.

Stattdessen fühlt sie sich furchtbar. Ist sich nicht sicher, ob das hier nicht mehr eine Flucht als eine dringend nötige Auszeit ist. Versucht sich einzureden, dass sie nun wirklich mehr Leistung gebracht hat als unter den Umständen irgendwer ein Recht hat zu verlangen. Schwankt zwischen Schuldgefühl, Wut und Trotz hin und her, zwischen dem was sie glaubt das ist und dem was sein sollte. Findet sich selbst nicht mehr in all dem.

Ein leichtes Schmunzeln legt sich dann doch auf ihr Gesicht, mehr Ironie als Humor, als sie sich eingestehst, dass sie viel zu lange gewartet hat, mal wieder zu klären wer sie eigentlich sein will.
Was sie immerhin, wenn schon das Durchatmen nicht will, schnauben lässt und ein wenig hilft die Fassung zurück zu erlangen.

„Also gut, was machen, um runter zu kommen und wieder einen klaren Gedanken fassen zu können?“, murmelt sie, als sie sich auf den Bettrand sinken lässt und nach den Hotelinformationen greift.

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