Am stärksten irritierte ihn, dass sich ausser ihm niemand aus diesem Umstand etwas zu machen schien. Die Passanten gingen zwar jetzt alle gebückt und bewegten sich sehr viel schneller als noch kurz zuvor, aber sonst nahm alles seinen gewohnten Lauf. Herr Gondau, der mürrische Beamte am Informationsschalter, trug zwar wie immer seine mit Brillantine gewichste Halbglatze zur Schau, Herrn Phharod schien es jedoch, dass seine Ohren deutlicher hervortraten als bisher. Seltsam war auch, dass der Angestellte heute überaus gut gelaunt grüsste und seine aufgeworfenen, wulstigen Lippen zu einem breiten Grinsen verzog.
Herr Pharod teilte sein Büro mit einem ehemaligen Schulkollegen, den er nicht mochte. Er empfand sogar Abscheu gegen diesen langweiligen Karrieremenschen, doch sehr wahrscheinlich steckte blosser Neid dahinter. Während er, Pharod, sich mit einem Müllabfuhr-Teilprojekt und ähnlichem Kleinkram herumschlagen musste, wurde sein Kollege in der Bauplanung eingesetzt, was diesen dazu brachte, sich hochnäsig zu verhalten. Ausserdem war der Schulkollege Kettenraucher, was Leute, die schon rein berufsmässig seine Nähe ertragen mussten, zur Raserei trieb. Der Pfefferminzgeruch der englischen Zigarettenmarke hatte sich längst irreversibel in Vorhängen und Teppichen festgesetzt, und zwar so, dass man sich schon nach kurzem Aufenthalt in Herrn Pharods Büro klebrig fühlte.
Als Herr Pharod den Raum betrat, umhüllten ihn zu seiner Verwunderung keine Rauchschwaden. Strahlend wurde er von seinem Kollegen begrüsst, Auf dessen Schreibtisch kämpfte eine wuchtige Bananenstaude ums Gleichgewicht. Sie verdeckte die Sicht komplett und kam der Morgensonne in die Quere. Sonst war alles beim alten, ausser einem leisen Schmatzen, das Herr Pharod gelegentlich vernahm. Sein Arbeitsplatz war spartanisch eingerichtet. Die gelbliche Wand neben seinem Pult war leer. Schon lange hätte er sie gerne mit einem Aktkalender verziert. Dieser lag in der untersten Schreibtischschublade, die er sorgfältig abschloss, um zu verhindern, dass ihn eines Tages die Reinigungsfrau entdeckte. In den seltenen Fällen, in denen er allein im Büro war, gönnte er sich einen flüchtigen Blick in den Kalender.
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