Die afrikanischen Schwestern

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Die afrikanischen Schwestern

Die afrikanischen Schwestern

Yupag Chinasky

Sie haben noch nie bezahlt, gesteht ihm Nancy nun schon zum zweiten Mal. Er versucht ihr klarzumachen, dass sie 60 Euro zahlen müsse, wenn man sie erwische, als Schwarzfahrer, als „black driver“. Sie lacht nur und sagt, das könne sie nicht glauben, doch keine 60 Euro für eine Fahrt. Der Bus bringt sie in einen der Vororte, der als sozialer Brennpunkt gilt. Die Häuser sind ziemlich heruntergekommen, auf der Straße liegt viel Unrat herum, die gelben Säcke quellen über, ihr Inhalt ist oft um sie herum verstreut. Es ist wirklich keine schöne Wohngegend, aber in solch einer Gegend landen wohl Menschen, wie die drei Schwestern. Er fragt sich, wie sie überhaupt nach Deutschland gekommen sind und warum ausgerechnet in diese Stadt. Als er später auf dieses Thema zu sprechen kommt, gibt sie sich sehr wortkarg. Sie will über ihre Vergangenheit nicht reden, sagt sie, „a bad time, you know“. Überhaupt redet sie wenig, jedenfalls mit ihm. Sie erzählt nichts von sich, nichts von ihrer Heimat oder Familie und sie will auch nichts über ihn erfahren, fragt nie etwas, und wenn er etwas erzählt, schaut sie ihn höchst desinteressiert an. Nur wenn die Schwestern in ihrer Muttersprache reden, ist auch Nancy sehr gesprächig und er ist erstaunt, wie anhaltend sie dann reden kann. Sie sind in der Schwarzwaldstraße angekommen, ein viel zu schöner Name für diese Straße, und betreten eines der vierstöckigen Häuser. Sie steigen die Treppe hoch bis in den letzten Stock, dort schließt Nancy eine Wohnungstür auf und sie treten ein. In dem kleinen Flur stehen einige Taschen und Kartons herum, an Wandhaken hängen Kleidungsstücke, neben der Wohnungstür drei weitere Türen. Eine führt in die Wohnküche mit Kochzeile und Sitzecke (eine Eckbank, zwei Stühle, dazwischen ein Tisch mit Resopalplatte). Die zweite führt in das Schlafzimmer, in dem ein sehr breites Bett dominiert (er wird später erfahren, dass die Drei tatsächlich zusammen in diesem Bett schlafen), dazu ein kleiner Nachttisch, zwei Hocker und ein Wandschrank mit großem Spiegel auf der Tür, sowie eine Fenstertür für den winzigen Balkon.

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