Ahrweiler – Teil I

oder: das Buch des Lebens

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Ahrweiler – Teil I

Ahrweiler – Teil I

Gero Hard

Nach einer ganzen Weile konnte ich einen Fuß freilegen. Er gehörte zu der Frau. Ich erkannte das an seiner Größe, vielleicht 37? Und er war schlank und zierlich. Und das Schönste war, er bewegte sich, als ich ihn berührte!

Ich rief ihr zu, dass ich sie bald befreien und alles gut werden würde! Vielleicht war es aber auch nur der verzweifelte Versuch nicht nur ihr, sondern auch mir Hoffnung einzureden.

Meine Arme schmerzten und meine Hände brannten, trotz der dicken Lederhandschuhe, wie Feuer. Sicher war ich über und über mit blauen Flecken übersät.

Wenn hier wenigstens Platz für eine zweite Person gewesen wäre, die mir hätte helfen können. Doch keine Chance, diese Aufgabe war für mich allein bestimmt. Wieder eine von diesen Prüfungen, die in meinem Buch des Lebens für mich vorgesehen waren.

„Können Sie mich verstehen? Ich heiße Florian und bin von der Feuerwehr.“, rief ich. „Wenn Sie mich hören können, wackeln sie mit dem Fuß!“

Kurzes Wackeln. Gut so! Sie konnte mich hören und war bei Bewusstsein. Sehr gut! Diese Frau musste unvorstellbare Qualen ertragen.

Ich grub weiter. Mühsam, aber stetig. Ich hatte keine Zeit, mir um meine eigenen Schmerzen Sorgen zu machen. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, diese Frau zu retten. Und wie hießt es: Der Wille kann Berge versetzen?

Ein Bein hatte ich mittlerweile komplett freigelegt, das andere lag abgewinkelt noch teilweise unter Trümmer eingeklemmt. Der Fuß war seltsam verdreht. Ihre Beine waren nackt. Ich konnte einen Rocksaum erkennen, der aber sehr weit nach oben geschoben war. Unendlich viele kleine Schnittwunden waren zu sehen, aus denen Blut geflossen, aber schon getrocknet war. Dieser Dreck … unbeschreiblich. Staub und Schmutz hatte alles mit einem dicken Tuch abgedeckt. Sogar der Körper der Frau war von den Trümmern kaum zu unterscheiden und hatte seine sonst rosige Fleischfarbe vollständig eingebüßt.

Es roch nach Fäkalien.

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Subjektive Meinung

schreibt Thunders

"A cheap holiday in other peoples misery" sangen einst die Sex Pistols. Dieses Zitat kam mir ins Gedächtnis, während ich diese Geschichte las. Die Flutkatastrophe von Ahrweiler liegt noch kein Jahr zurück und ist in den Köpfen der Menschen noch präsent. Für meinen Geschmack taugt dieses Szenario nicht so recht für eine derartige Geschichte. Ich kann mir bildhaft vorstellen, wie es weitergeht mit dem potenten, heldenhaften Brandmeister und der hilflosen, jungen Frau, die er vor der Flut gerettet hat. Ich kann mit solchen dramatischen Liebes-Geschichten nichts anfangen, aber das ist mein persönliches Problem. Sehr gut geschrieben zweifellos. Von daher keine bösartige Kritik, sondern nur meine rein persönlichen Empfindungen.

Ahrweiler

schreibt franzl

Die Katastrophe von Ahrweiler, uns noch heute in unguter Erinnerung, die vielen Menschen großes Leid zugefügt hatte, darüber hinaus aber auch zahllose Beispiele menschlichen Mutes und Selbstaufopferung zeigte. Schon für dieses erste Kapitel einer zutiefst bewegenden Geschichte, ist dem Autor zu danken. Er versteht es wie nur wenige Autoren, damit die Seelen der Leser anzusprechen, sie einzubeziehen in diese Geschehnisse und uns mit wahrer Dramen-Qualität zu beschenken. Liebe Grüße Frajol.👍🍀

Gedichte auf den Leib geschrieben