Ahrweiler - Teil VI

oder: nach einem Ende, folgt immer ein neuer Anfang

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Ahrweiler - Teil VI

Ahrweiler - Teil VI

Gero Hard

„Wir haben seinen Segen.“, sagte sie, stand auf und ging in Richtung Friedhofsausgang. Sie drehte sich nicht mehr um, sie ging einfach. Schweigsam, langsam, mit hängenden Schultern und gesenktem Blick.Ich hatte Angst, sie könnte jeden Augenblick zusammenbrechen, zog hastig mit der Harke den Erdhügel glatt, zündete das Grablicht an einem andern an, stellte es neben das Gesteck und eilte ihr nach.

Ich fand sie, zusammengekauert neben dem Vorderreifen. Sie hatte ihre Arme um ihr Knie gelegt, was sie dicht vor ihre Brust gezogen hatte und schwankte leicht vor und zurück. Sie war in einen schockähnlichen Zustand gefallen und saß mit ihrem Hintern im Matsch. Ihr Kleid hatte sich in einer Pfütze mit Wasser vollgesogen und war über und über mit Flecken eingesaut. Sie war das personifizierte Häufchen Elend. Sie so zu sehen, machte mir Angst!

Ich musste sie unbedingt ins Hotel bringen und unter eine heiße Dusche stellen, damit sie sich nicht eine fette Erkältung einfing. Ihr Körper war kraftlos, als ich sie hochzog. Ihre Beine versagten ihr den Dienst und ich musste sie hochheben, um sie in das Auto zu setzen.

Imke sagte nichts. Sie hatte ihre Augen geschlossen und atmete ein paarmal tief ein. Ich wollte die Ruhe nicht zerstören und ließ ihr den Moment der Andacht. Ich schwieg und konnte auch sonst nichts für sie tun, außer ihr die Schulter zum Anlehnen bieten, wenn sie sie brauchte.

„Meinst du, es geht ihm dort oben gut?“ Ihr Kopf war urplötzlich herumgeruckt und sie sah mich ängstlich an.

Wenn ich ihr jetzt sagen würde, dass ich es nicht wüsste, was ja auch so war, dann könnte sie mit der Antwort vermutlich kaum umgehen. „Da bin ich mir sehr sicher.“, nickte ich deshalb wissend.Ihre Gegenfrage war ebenso berechtigt, wie unverhofft. „Woher weißt du das?“

„Weil liebe Jungs immer einen sanften Engel an der Seite haben, die gut auf sie aufpassen.“

Mir fiel gerade nichts Gescheiteres ein.

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