Ahrweiler - Teil VII

Nicht alles endet irgendwann!

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Ahrweiler - Teil VII

Ahrweiler - Teil VII

Gero Hard

Ich wollte Imke schon zu ihrem Zimmer schieben, als mich Frau Ungestüm am Arm packte und mich vehement davon abhielt.

„Nein, nein, junger Mann, da dürfen sie nicht hin. Erstens steht es in der Hausordnung und zweitens wegen Corona.“

Das war er nun also, der Moment uns zu verabschieden. Auch wenn es zunächst nur zwei Tage waren, fühlte es sich komisch an sie hier zurückzulassen. Ein beklemmendes Gefühl in meiner Brust erschwerte mir das Atmen.

Wie Ertrinkende lagen wir uns in den Armen.

„Ich ruf dich heute Abend an und Freitag hole ich dich wieder ab, ok?“ 

„Verschwinde endlich, bevor ich hier gleich wie eine dumme Pute losheule.“ Dabei küsste sie mich liebevoll. Eine junge Frau wartete geduldig, um Imke in die weiten Flure der Klinik zu schieben.

Ich saß noch nicht ganz im Auto, als mich schon ihre erste WhatsApp des Tages erreichte: „Ich vermisse dich jetzt schon“, schrieb sie und fügte ein trauriges Emoji mit einer Träne hinzu. Viele solcher Nachrichten sollten heute noch folgen!

Ich fuhr wieder zurück und war froh, mich in meine Arbeit stürzen zu können. Jede Ablenkung war mir willkommen.

Imke bezog unterdessen ihr Zimmer, richtete sich ein, bekam ihren Behandlungs- und einen Gebäudeplan ausgehändigt und musste anschließend zur Eingangsuntersuchung zum Röntgen. Ihr Tag war ebenso ausgefüllt wie meiner und doch nutzte sie jede Pause, um mir eine Nachricht zu schicken. Irgendwie süß, aber auch anstrengend.

Am frühen Abend verabschiedete ich mich von Maja und Marko und setzte mich ganz züchtig, mit einer Badeshorts bekleidet, mit meinem Tablett an den Pool. Ich googelte nach hübschen Urlaubszielen, Reisebüros in der Nähe und ich suchte nach Beerdigungsinstituten.

Nicht, dass es mir schlecht ging und ich mich auf den nahenden Tod vorbereiten wollte. Nein, darum ging es nicht. Ich hatte mich entschlossen, Lennart und Markus in Ahrweiler exhumieren zu lassen und sie auf unserem kleinen Dorffriedhof neu beisetzen zu lassen. Imke sollte es künftig leichter haben, ihre Familie zu besuchen und Ahrweiler noch ein Stück weiter hinter sich zu lassen. Vielleicht gelang es ihr damit besser, dieses dunkle Kapitel abzuschließen.

Ein Urlaubsort war auch bald gefunden und ich vereinbarte einen Termin im Reisebüro. Ein entspannender Strandurlaub im indischen Ozean würde uns nach diesem außerordentlichen Jahr sicher gut gefallen.

Ich stellte mir schon die gierigen Blicke der dunkelhäutigen Typen vor, wenn meine Maus ihre Schönheit im Sand präsentieren würde. Bisher war ich nur selten eifersüchtig, wenn sich meine Freundinnen oben ohne zeigten und sich Strandmachos mit abgedroschenen Anmachsprüchen an sie heranmachten. Aber bei Imke wäre es sicher ganz anders.

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