Alexandra 2

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Alexandra 2

Alexandra 2

Anita Isiris

Es wird Zeit, dass es ihr endlich einer besorgt.“
Falls es so gemeint war, und sei es unbewusst… Rainer würde sich das nicht zweimal sagen lassen. Alexandra hatte es ihm vom ersten Augenblick an angetan. Sie konnte glücklicherweise etwas deutsch, was die Kommunikation deutlich vereinfachte. Ein Sprachgenie war Rainer nicht. Alexandra trug an diesem Abend ein langes weisses Kleid, das ihr wunderbar stand. Das frisch gewaschene Haar fiel ihr über die Schultern, und sie war dezent geschminkt. Ihre Schwestern waren einiges jünger. Nina war erst zehn, Tatjana elfeinhalb. Die kleinen frechen Gören schloss Rainer augenblicklich ins Herz. Sie glichen seiner Geliebten aufs Haar. Das Tischgebet fand auf tschechisch statt und wurde von Alexandras Vater mit tiefer Stimme vorgetragen. Es duftete herrlich nach Suppe. Alexandras Mutter hatte eine altmodische bunte Schürze umgebunden - solche Kleidungsstücke gibt’s bei uns in Deutschland bestenfalls noch im Kreuzberg, irgendwo, zuhinterst im Regal. Frau Karim trug eine gestärkte Bluse und hatte ihr Haar mit silbernen Spangen zurückgesteckt. Auch ihre kräftigen Brüste entgingen Rainer nicht; Alexandras Mutter war erst Vierzig. Schweigsam wurde die Kümmelsuppe gelöffelt; in gebrochenem tschechisch komplimentierte Rainer den darauffolgenden Braten mit Kartoffelstock. Wann hatte er so etwas zum letzten Mal gegessen? Ob Alexandra unter ihrem Kleid einen BH trug? Sie hatte einen eher kleinen Busen, vermutete Rainer und betrachtete ihre Hände. Wie schön sie waren mit den feingliedrigen Fingern, die so traumhaft Klavier spielen konnten. Es gab ihm einen Stich ins Herz, dass er bald nach Berlin zurück musste. Hier wurden noch Heiratsanträge erwartet - eine Einladung in diesem Rahmen schrie förmlich nach Verbindlichkeit. Rainer erzählte von seiner Heimat, von diesem wunderbaren, mystischen, brutalen, eiskalten, ewigen und siegreichen Berlin, aus dem er kam.

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Gedichte auf den Leib geschrieben