Der Lichtfinger des Leuchtturms tastete über das Meer. Wie Alinas Herzschlag zeichnete er ein Muster in die Nacht. Alinas Netzhaut füllte sich mit seinem Licht, und für einen Augenblick spiegelte sich das Glänzen der Wellen in ihren Augen.
Die Kellnerin schob die Stühle zusammen. Das Licht auf der Terrasse erlosch.
"Wir müssen gehen", sagte Alina. Ihre Nasenflügel zitterten leicht. Ich beobachtete, wie ihre Fingerspitzen um das leere Glas vor ihr auf dem Tisch kreisten. Wir sahen uns an. Es schießt durch dich durch, wie Brause in deinen Adern, dachte ich. Die Nacht sieht dich an. Ich nickte.
Wir erhoben uns fast gleichzeitig. Auf der schmalen Stiege, die zum Strand hinabführte, streifte mich der Saum ihres Rockes. Sie zog ihre Schuhe aus und lief über den Strand. Sie lief in die andere Richtung, weg vom Parkplatz, weg von den Lichtern des Ortes. Langsam, fast zögernd ging ich ihr nach. Ich spürte den feuchten Sand unter meinen Füßen, die warme Sommerluft auf meinen Armen. Wenn wir uns auch nur für diesen einen Tag verabredet hatten, schien es doch, als flüsterten ihre Spuren, denen ich durch den Sand folgte: ""Laß uns bleiben."
Alina stand am Meer. Unmerklich schienen die Wellen aus tieferen Gründen zurück an die Oberfläche zu steigen, ebenso unmerklich füllten sich die Poren und Risse in unserer Haut mit Seewasser. Alina legte ihren Kopf an meine Schulter. Ich begann zu frieren. Der salzige Atem ihrer Lippen näherte sich meinem Mund.
"Was meinst du, wollen wir einfach so bleiben?" Ihre Stimme klang rau, sie füllte mich aus. Wie eine Wand stand sie im Raum.
All meine Gedanken stießen wie Spinnenbeine gegen unsichtbares Fensterglas.
Ich war Alina das erste Mal vor zwei Jahren begegnet. Sie war die jüngste Cousine meiner Freundin und lebte in Kanada. Einmal im Jahr kam sie für einige Wochen nach Deutschland und wohnte dann bei meiner Freundin. Amüsiert hatte sie registriert, dass mich die sinnliche Schönheit und Natürlichkeit ihrer Cousine verwirrte. Die beiden waren wie Geschwister, und obwohl sie sich neben den ständigen E-mails und Päckchen, die hin- und hergingen, nur einmal im Jahr sahen, konnte ich eine gewisse Eifersucht nicht unterdrücken. Meine Freundin hatte sogar zugegeben, dass Alina und sie in einem Bett schliefen, wenn ich nicht da war. Gestern war meine Freundin zu ihren Eltern geflogen und da Alinas Flug erst in zwei Tagen ging, hatte sie mich mit einem seltsamen Ausdruck in ihren Augen gebeten, mich so lange um Alina zu kümmern. Es war Sonntag, das Meer war nicht weit, also waren wir ans Meer gefahren. Ich wusste nicht viel von Alina. Aber am Ende des Tages, als wir in dem Strandpavillion saßen, hatte sich der Himmel keinen Millimeter von der Erde entfernt, als wäre die Zeit stehen geblieben.
Ich nickte. Sie drückte ihre Lippen an meinen Hals. Ihre Hände berührten mich an der Schulter. Es schien, als wolle sie in mich hineinkriechen, mich erkunden wie ein fremdes Tier. Zwischen ihren Küssen sah sie mich an. Ihre Augen schimmerten an den Rändern durchsichtig. Das Meer lag ganz still.
"Komm", hörte ich mich auf einmal sagen. Ich nahm ihre Hand und wir liefen in Richtung des Leuchtturms. Sein fahler Kegel fuhr über den breiten Strand, Licht glänzte auf ihren Wangenknochen, ihrem Haar, bevor die Dunkelheit wieder ihre Wurzeln in die Erde schlug. Alinas Blicke waren unruhig, wie die eines Tieres, und plötzlich spürte ich, dass meine Blicke nicht anders waren.
Unsere Fluchtlinie waren die kleinen Badehäuschen am Dünensaum. Als Junge hatte ich mich oft dorthin geschlichen, durch die Fenster gestarrt und den Duft der nackten Frauenkörper eingesogen, die sich im Zwielicht des Hütteninneren wie geflügelte Schatten bewegten. Wir liefen über den Strand, bis wir vor der endlosen Reihe der Häuschen standen.
"Und wie kommen wir jetzt da rein?" Ihre Stimme zitterte. Sanft drückten sich ihre Fingerspitzen in meine Handinnenfläche.
"Manchmal ist eine Tür nicht richtig zu", sagte ich. Ich war so erregt, dass meine Stimme ganz heiser klang.
"Du kennst dich aus, was?" Ihre nackten Zehen streichelten meine Waden, während sie mit ihrer Zungenspitze über meine Lippen fuhr.
"Ich war als Kind oft hier", flüsterte ich zwischen ihren Zärtlichkeiten.
"Und was hast du da gesehen?"
"Dich."
Sie lachte. Wir fanden ein Badehäuschen, dessen Tür schief in den Angeln hing.Ohne Mühe traten wir ein. Ich öffnete die Fensterluke. Das Leuchtturmlicht wanderte über die Wände. Die leise Stimme der Brandung fuhr über das Holz.
Es schien, als hätte Alina nur auf diesen Augenblick gewartet. Ihre Hände begannen mich überall zu streicheln. Ich spürte ihre Zunge in meinem Mund kreisen, ihr rechtes Knie fuhr zärtlich zwischen meine Beine. Meine Hände glitten unter ihren Rock. Einen Moment lang hielten sie inne, als ich merkte, dass sie darunter nackt war. Mit einer sanften aber bestimmten Geste drängte sie mich zurück.
"Zieh dich aus", bat sie. "Ich will dich nackt sehen."
Zögernd streifte ich mein T-Shirt über die Schultern, zog die Hose aus und stand zitternd vor ihr.
"Alles!", sagte sie. "Ich will deinen Schwanz sehen, deinen Hintern, alles."
Hastig streifte ich die Unterhose herunter. Nackt stand ich vor ihr. Ich sehnte mich danach, sie zu berühren. Unter ihren Blicken spürte ich, wie mein Penis steif wurde. Langsam ging sie um mich herum. Plötzlich blieb sie hinter mir stehen. Ich spürte ihren Atem in meinem Nacken. Ihre Zunge glitt über meinen Rücken. Zärtlich biss sie mich in den Hintern, dann spürte ich plötzlich wieder ihren Atem an meinem Ohr. Ihre Hand glitt von hinten zwischen meine Beine und begann meine Hoden zu streicheln.
" Ich will, dass du´s dir selber machst, o.k? Komm schon, fang an!"
Alinas Stimme war ein leises Flüstern. Sie war genauso erregt wie ich. Ich nahm meine Eichel zwischen Daumen und Zeigefinger und begann sie zu massieren. Ihre Fingerspitzen ertasteten meine Hoden. Sie sah mir über die Schulter, ihr Atem stieß in mein Gesicht. Ich konnte nicht sehen, was sie mit der anderen Hand machte, ich dachte nur daran, wie sich die Haut auf ihrem Hintern unter dem Stoff des Rockes angefühlt hatte . Unwillkürlich stöhnte ich auf, als ich begann, meinen Penis mit den Händen zu massieren. Ihre Hand spielte mit meinen Hoden. Ich war so erregt, dass ich sofort kam. Durch das ferne Rauschen der Brandung hörte ich sie stöhnen. Ihr Körper drängte sich an meinen. Wie ein kleines Kind hieß sie mich, mich auf den Boden zu legen. Sie blieb über mir stehen. Unendlich langsam zog sie den Rock aus. Ich blickte auf den schmalen Federstrich der dunklen Haare zwischen ihren Beinen.
In einer tänzerischen Bewegung hockte sie sich auf mich, ich spürte wie ihre Schamlippen über meinen Penis strichen, dann über meinen Bauchnabel, die Brust, und dann plötzlich legte sie sich auf meinen Mund. Ich schmeckte ihren Geruch, wie nach dunklem Holz und warmem Brot. Mit meiner Zunge öffnete ich ihre Lippen. Eine warme Feuchtigkeit legte sich auf meine Zunge, ein Geschmack nach Sommer und Regensamt.
"Komm jetzt in mich hinein", hörte ich sie flüstern. Meine Zunge glitt in ihre Vagina. Alles um mich herum schien kein Gewicht mehr zu haben. Ihre Klitoris drang aus den kleinen Hautfalten wie aus tieferem Gewebe. Meine Zungenspitze rollte sich um sie wie eine Welle, und für einen Augenblick verharrten wir so. Ich konnte ihr Herz schlagen hören. Sie füllte mich ganz aus. Meine Zunge folgte ihrer Strömung, immer heftiger und schneller, bis ihr pulsierendes Zucken sich über meinem Mund brach und ihr Schrei mit den Stimmen des Meeres eins wurde.
Alina legte sich neben mich. Ihre Haut war wie körniger, feingeriebener Sand. Ihr langes schwarzes Haar roch nach dem Geheimnis des Meeres. In diesen Augenblicken war sie nichts als eine Stimme, wie der Wind, der in den Wellen singt. Das Meer stand im Raum. Es machte uns betrunken.
Sie hockte sich aufrecht neben mich.
"Als ich letztes Jahr in Deutschland war, hast du mich nackt unter der Dusche gesehen, stimmt´s?"
"Stimmt", gab ich zu. "Die Tür war offen. Ich wußte nicht-"
"Pssst!", sagte sie und legte einen Finger an ihren Mund. "Beschreib meine Brüste. Wie sehen sie aus?"
Ihre Zunge glitt in mein Ohr, während ich die Augen schloß.
"Ich weiß noch, es war ein warmer Sommertag, so wie heute. Die Tür zum Bad stand offen und in dem großen Spiegel im Flur konnte ich dich sehen. Du hast nackt auf dem Badewannenrand gesessen und deine Haare hinter deinem Nacken zusammengebunden. Ich kann mich an die Linie deines Rückens erinnern, die Rippenbögen, die aus deiner Haut treten, das Profil deiner Brüste...Und dann bist du langsam aufgestanden und hast dich plötzlich umgedreht."
Die ganze Zeit, während sie sprach, fuhr ihre Zunge über mein Ohr, dann über meine Wange, meinen Hals, langsam glitt sie über meine Brustwarzen.
"Ich stand in der Tür. Ich glaube, du warst gar nicht erschrocken. Du hast mich angelächelt und die Arme über deinen Brüsten verschränkt. Und dann hast du die Arme langsam wie Flügel an die Hüften gelegt. Warum hast du das gemacht?"
"Schsch- sprich weiter, weiter!"
Ihre Lippen strichen über meinen Bauchnabel, ich fühlte ihre zärtliche Zungenspitze zwischen meinen Schamhaaren.
"Deine Brüste..sie erschienen mir so vollkommen,so...rund und fest...ich hatte noch nie zuvor etwas so Perfektes gesehen, so eine sanfte Wölbung, so eine vollkommene Form..."
Meine Stimme wurde heiser. Ich wußte, dass ich gleich nur noch Unsinn reden würde.Tänzelnd glitt ihre Zunge über meinen Penis, wie eine Schlange wand sie sich um ihn. Mit einer einzigen Bewegung nahm sie meinen Schwanz plötzlich in ihre Hand und hockte sich rittlings auf mich. Alina zog das T-Shirt über ihren Kopf. Sie bog den Hals zurück, wie um ihren Körper ganz in ihre Brüste fließen zu lassen. Während sie sich langsam auf mir bewegte, legte ich meine Hände auf ihre Brüste, fühlte ihre weiche straffe Haut. Sanft rieb ich mit dem Zeigefinger über ihre kleinen Brustwarzen. Alinas Stöhnen zerschnitt die Luft in schwankende Bahnen, unsere Körper hoben und senkten sich in einem atemlosen Rhythmus, wie eine Welle bäumte sich ihr nackter Körper über mich. Es war, als griffen unsichtbare Hände nach mir. Manchmal hielt ich sie umfasst, presste sie an mich, dann wieder entglitt sie mir wie ein Fisch, wie etwas Schwebendes fuhr sie durch die Schatten der Luft. Ihre schweissnasse Haut glänzte. Wenn ich in ihre Augen sah, sah ich nur in ein unermeßliches Dunkel. Sie fasste meine Arme und bog sie hinter meinen Kopf zurück. Ihre Brüste schwebten über meinem Oberkörper. Ich spürte, wie sich die Muskeln ihrer Vagina fester um meinen Penis schlossen.
"Komm jetzt ganz in mich hinein, komm jetzt", flüsterte sie.
Ich hob meinen Unterkörper, immer rascher und rascher glitt ich in sie. Alina verharrte fast unbewegt auf mir. Plötzlich spürte ich, wie ihre Muskeln erschlafften, sich wieder zusammenzogen und pulsierend gegen meinen Penis zuckten. Alinas Stöhnen ging in ein langgezogenes Seufzen über. Ich setzte mich aufrecht und bedeckte ihre Brüste mit zärtlichen Küssen. In diesem Augenblick kam ich. Meine Fingernägel bohrten sich in ihren Rücken, mein Körper fing unkontrolliert an zu zittern und ich spürte eine ungeheure Wärme in mir aufsteigen.
Eine Weile lagen wir nebeneinander. Meine Hand lag auf ihrem Bauch. Aus den milchigen Höhen des Himmels funkelten die Sterne. Die Atmung des Meeres war flach, unmerklich fast.
In diesem Augenblick wusste ich, dass ich sie liebte. Ich wusste es, aber ich glaubte es nicht und wollte es nicht glauben.
"Es ist besser, du ziehst dich jetzt an und gehst", sagte sie.
"Und du? Was ist mit dir?"
"Laß mich einfach noch eine Weile allein sein, ok? Ich nehme den letzten Nachtzug zurück. Wart nicht auf mich."
Irgendetwas schnürte mir den Hals zu. Verdammt, ich hätte am liebsten losgeheult, während ich mich langsam anzog.
"Was soll das?", wagte ich noch einen Versuch. "Hab ich was falsch gemacht? Ich meine, ist es wegen Nicole? Wir könnten doch-"
"Psst", bat sie. "ich bin glücklich, weißt du. Ich war nie glücklicher in meinem Leben. Bitte geh jetzt. Sieh mich nur noch ein einziges Mal an. Dann geh, bitte."
Ich glaubte, sie weinte. Ich fühlte mich unendlich verloren, hilflos, schuldig. Wie durch einen Schleier hindurch sah ich ihren ausgestreckten nackten Körper auf den Holzdielen der Hütte liegen. Für einen Augenblick tauchte ihn der Lichtkegel des Leuchtturms in ein silbrig funkelndes Licht. Dann war es dunkel. Ich ging.
Das Meer glänzte wie eine purpurne Haut. Die Sterne standen in einem kalten unbewegten Licht. Ich fuhr nach Hause.
Die ganze Nacht lang lag ich wach. Alina hatte einen eigenen Schlüssel. Ich horchte auf jeden Laut. In der Morgendämmerung schlief ich ein.
Das Schrillen des Weckers riss mich aus dem Schlaf. Ich musste zur Arbeit. Alina war nicht gekommen. Ich überlegte, ob ich zurück ans Meer fahren sollte. Ich duschte nicht. Der Duft von Alinas Haut hatte sich in den Poren meiner Haut verflüssigt. Von der Arbeit aus rief ich immer wieder zu Hause an.
Als ich abends voller Unruhe und Angst zurückkehrte, war Alina verschwunden. Sie hatte ihre Sachen gepackt. Der Schlüssel lag auf dem Küchentisch, sonst nichts. Ich suchte überall, nach einem Zeichen, einer Nachricht von ihr, aber da war nichts. Ich wusste, dass sie morgen zurück nach Kanada flog. Ich versuchte nicht daran zu denken, aber es gelang mir nicht.
Nicole und ich trennten uns ein halbes Jahr später. Es hatte nichts mit Alina zu tun. Weder ich noch Alina hätten je einem anderen Menschen von dieser Nacht erzählt.
Einige Monate später bekam ich einen Brief von Nicole. Sie schrieb mir, dass Alina bei einem Verkehrsunfall in Kanada ums Leben gekommen wäre. Sie würde für einige Zeit nach Kanada fliegen. Sie gab mir eine Telefonnummer, unter der ich sie erreichen konnte.
Ich ließ den Brief sinken und schloss die Augen. Ich dachte an jene Sommernacht am Meer, an das Glänzen der Wellen in Alinas Augen, an ihren Herzschlag, der so fern und leise in mir widerhallte, als wäre sie niemals dort gewesen.
Alinas Herzschlag
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