ALL-IN

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FraDiavolo

>Big blind“ folgte auf >Small blind<, >Fold< auf >Hold<; stets lupften wir zwei einander gegenseitig die mimische Larve, die normalerweise alles Kartenglück oder -unglück strengstens verbarg, und verbuchten - wie zum Maskottchen des jeweils Anderen erkoren - eine Siegesserie ohnegleichen. In schöner Regelmäßigkeit vervielfachten wir die Einsätze, einer von beiden würden am Ende absahnen, indes sich unsere wackeren Kontrahenten den Mund wischen konnten, mehr und mehr ins Hintertreffen gerieten. War Texas Hold'em ansonsten die reinste Lotterie, dünkte es mit einem Mal berechenbar. Weil wir aus dem Augenblick geborenes intergruppales Duo dies abgekartete Spiel trieben, die übrige Meute beschupsten, ja abzockten, als verstünden sie vom Pokern genauso viel wie Schafe vom Schach. Verlief die Verlierer(-einbahn-)straße noch so schroff und abgründig, sie muckten nicht auf: distinguierte Anzugträger - Leute der ersten Wahl, ging ihr Zaster auch zur Neige.
In früher zweiter Stunde jedoch (mittlerweile hatte sich das Oval um zwei Schnösel im nadelstreifigen Sonntagsausgehstaat geleert, die wir unsererseits bis zum Weißbluten "geleert" hatten), senkte sich das Verhängnis auf uns herab. Vom >Flop< an wies ich eine mannigfach chancenreiche Hand auf, und als die vierte und somit vorletzte Gemeinschaftskarte, der >Turn<, vor uns lag, hatte ich eine schwerlich zu überbietende Kombination beisammen und erhöhte folgerichtig. Rings blieben alle außen vor, und sie, die Eine, meine zufällige >Komplizin<, hieß ich durch eindringliche Winke auszusteigen, sie möge unbedingt den >Call< unterbleiben lassen. Diesmal allerdings (wie wenn sie, obzwar seit langem majorenn - eine Frau von Mitte Zwanzig -, in ein zweites, Trotzalter verfallen wäre) scherte sie sich nicht im Entferntesten darum, sondern schleuderte mir stur Heil den Fehdehandschuh entgegen: "All-in!" Nähme ich ihn auf, erlebte einer von Zweien seinen Ruin. Samt und sonders klackerten ihre Jetons nach der Tischmitte hin, was bewog sie bloß derart zu hasardieren? Konnte sie den Hals nicht voll genug kriegen? Viele Wenig hatten ein Viel an Ertrag gemacht, dafür war ich ihr unsäglich dankbar, aber jetzt verlangte sie selbstisch nach dem Hauptgewinn. Kein heimliches Rathalten wie vormals, frei jedes katastrophischen Denkens schien sie sich einfach hinreißen zu lassen. Und ich mich mitreißen?

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