Anders

Du hast Dich schon vor Stunden mit einem Kuss von mir verabschiedet, mir zugeraunt «Bis am Wochenende, Schatz». Doch ich, ich liege immer noch im Bett. Ich habe heute frei und will einfach nicht auf. Nicht weil ich noch länger schlafen will – ich will einfach noch ein bisschen länger meinen Gedanken nachhängen, meine Gefühle genießen. Denn der Sex letzte Nacht war einfach anders. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr merke ich, wie viel sich doch geändert hat.

Als ich mich vor ein paar Monaten auf einer Dating-App angemeldet habe, hatte ich keine großen Erwartungen. Ein paar neue Leute kennenlernen, ein bisschen Spaß haben. Doch dann haben wir gemacht. Schon unser Chat war anders als alles, was ich bis dahin gekannt hatte. So wortgewandt. So neckisch, so dreckig und doch so verspielt. Es machte mich heiß – du warst so intelligent wie versaut.

Auch alles, was dann folgte, war anders. Ja, mit jedem Tag und mit jedem Gedanken, den ich Dir, nein, uns widme, merke ich, wie anders es doch ist.

Du fragst Dich, was denn so anders ist?

Würde ich Dir sagen, dass ich bemerkt habe, dass sich ein wenig Gewohnheit bei uns im Schlafzimmer einschleicht, käme dies bei Dir wahrscheinlich falsch an. Es klingt ja auch so, als wäre dies etwas Langweiliges. Und langweilig ist mir mit Dir ganz sicher nicht. Vielmehr finde ich, dass aktuell etwas wahnsinnig Schönes zwischen uns passiert. Es ist eine Vertrautheit, die sich zwischen uns breitmacht.

Bislang dachte ich immer, dass Vertrautheit langweilig wäre. Dass sie quasi der Vorbote zur Langeweile ist.

Ja, ich dachte immer, dass ich den Kick liebe. Falsch – ich weiß, dass ich den Kick liebe. Das Neue. Das Ungewisse. Das Abenteuer.

In Liebesdingen bedeutete dies für mich immer, dass ich den Anfang einer Beziehung am schönsten fand. Dieses wahnsinnige Feuer der ersten Stunden und Tage, wenn noch alles neu und aufregend ist.

So war es ja auch bei uns. Als Du mir das erste Mal gegenüberstandest, in meiner Wohnung, da wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Noch nicht einmal, ob Dir mein nackter Körper gefallen würde, auch wenn ich darauf natürlich sehr hoffte. Aber es war eine gewisse Unsicherheit, so viele Fragen waren offen. Und ich brannte darauf, die Antworten auf diese zu erfahren. Dass Du durch Deine Taten meine Neugier und vor allem mich befriedigen würdest.