Neugierig öffnete er die Tür und war freudig überrascht. Ein helles, geräumiges Zimmer erwartete ihn. Licht flutete durch die zugezogenen gelben Vorhänge. Das Auffallendste aber war das Bett. Es war größer als er die Doppelbetten von seinen Eltern und anderen Leuten kannte. Da passten bestimmt ohne Schwierigkeiten vier Personen hinein.
»Wir haben für dich das größte und komfortabelste unserer Gästezimmer ausgewählt. Die anderen Zimmer im Haus sind etwas kleiner. Und? Zufrieden mit dem Quartier?«
»Aber natürlich! In dem riesigen Bett werde ich mich aber bestimmt verlaufen«, versuchte der Gast zu scherzen.
»Wer weiß? Ein Bett kann eigentlich nie zu groß sein.«
Die Antwort erschien Daniel damals etwas rätselhaft, aber was sollte er dazu auch sagen? Also stellte er eine andere Frage, die ihm auf der Zunge lag, seit er die Statue gesehen hatte.
Auf dem Nachttisch neben dem Bett, der eigentlich eher eine hübsche, flache Kommode war, fiel dem Besucher beim ersten Umschauen eine dort stehende bronzene Frauenfigur auf, etwa fünfzig Zentimeter hoch. Sie stellte eine junge Frau mit Pagenfrisur dar, voller Anmut in ihrer Nacktheit, mit wunderschönen weiblichen Rundungen. Sogar das Vlies der Schambehaarung war herausgearbeitet.
»Darf ich fragen, ob Sie für diese schöne Statue Modell gestanden haben? Sie ähnelt Ihnen total.«
»Du darfst fragen. Aber duze mich bitte auch, das Sie klingt so förmlich. Wir sind hier eine kleine verschworene Gemeinschaft von Freunden – und jetzt sollst du auch dazugehören.
Zu deiner Frage: Die Figur habe ich selbst gemacht. Ich bin Bildhauerin, das ist sozusagen ein Selbstbildnis in Bronze – bis auf die Frisur, die ich bei der Skulptur anders gestaltet habe.«
»Wahnsinn! Es gefällt mir prima! So etwas würde ich auch gern können.« Daniel merkte, wie sich bei ihm schon wieder etwas versteifte.
»Deswegen bist du ja auch da. Vielleicht können wir gemeinsam etwas modellieren?«
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