Angela, das Achselmädchen

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Angela, das Achselmädchen

Angela, das Achselmädchen

Anita Isiris

Tom ist auf der Suche nach etwas anderem. Er sucht die weibliche Seele. Die sitzt, wie er weiss, nicht in der Cliti. Nicht im Grosszeh der aktuellen Liebespartnerin. Nicht im Nacken, wo sich so viele gern von ihm küssen und liebkosen lassen. Nicht in der Gänsehaut, die dabei entsteht. Nicht in steifen Nippeln, die durch den dünnen Stoff des Nachthemds stechen.

Die weibliche Seele sitzt tiefer, und Tom vermeint nun, ihren Sitz gefunden zu haben. Tom vermutet die weibliche Seele in der Axilla, der Achselhöhle.

Sein stilles Glück ist, dass sich Frauen dessen nicht bewusst sind. Sie verhüllen ihre Brüste – „ohne BH unterm T-Shirt“ ist zu einer Rarität geworden. Sie verhüllen ihre Hüften, die Scham, den Po. Was ja nicht bedeutet, dass sie den Po nicht herzeigen, die Weiber. Die Jeans werden immer enger, und es scheint diesen jungen Gören Spass zu bereiten, die prallen Rundungen zu präsentieren. „Vögle mich!“, signalisieren sie, während sie durch die Bahnhofhalle wandeln. „Sieh her, ich habe einen fuckable Ass – nimm mich doch!“.

Im Grunde verbietet Tom sich solche Gedanken. Er will gegenüber Frauen wertschätzend auftreten, muss das auch, denn das wist politically correct. Also Körperattribute verdrängen und den Wert auf Kommunikation legen, insbesondere aufs Zuhören. Frauen sind gegen vieles resistent – nicht aber gegen Männer, die ihnen zuhören und auf das Gehörte sogar noch eingehen.

Frauen sind kommunikationssensible Wesen – die Kommunikation ist der heilige Gral, das sperrangelweit offene Tor zu körperlicher Nähe. Nur eben: Aufgestossen muss es erst werden, dieses Tor.

Angela, das Achselmädchen. Der Zug hält in Kehrsatz Nord, und Angela macht Anstalten, auszusteigen. Jetzt ist blitzschnelle Reaktion gefordert, so Tom sie denn nicht aus den Augen verlieren will. Er muss schneller sein als sie, und der Trick ist trivial. Tom lässt sein geliebtes Smartphone auf dem Sitz liegen und eilt zur Tür. „Hey!“, hört er Angelas Stimme. Sein Herz rast. „Hey… Dein Handy!“ Tom springt aus dem Zug und betrachtet Angela, die ebenfalls den Zug verlässt, Toms Smartphone schwenkend.

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