Angys Geheimnis

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Angys Geheimnis

Angys Geheimnis

Anita Isiris

Angy hätte nicht zu sagen vermocht, wie sie sich hatte einnehmen lassen. Nun war es einfach so. Der Fotograf stand hinter ihr. Die scheue Verkäuferin bewegte sich auf allen Vieren über den Perserteppich. Sie trug nur BH. Genussvoll zoomte der Fotograf ihren runden Hintern heran – ein Hintern, der bis zum heutigen Tag noch keinerlei männliche Berührung hatte erfahren dürfen.
Angy schämte sich zu Tode. Sie wusste, dass Nino die Fotos ins Internet stellen würde – auf der Tumblr App. Zugänglich für jedermann. Angys Hintern würde also für jeden zugänglich sein – von Nigeria bis nach Moskau. Aber war er denn wirklich so interessant, der Popo dieser jungen Frau?
„Auf jeden Fall“, hätte Nino gesagt. „Angy hat einfach einen Prachtsarsch. Die Rundungen einer Göttin.
Angy war eher ein Mauerblümchen mit ihrer eckigen Brille und dem glatten, dunkelbraunen Haar mit dem Mittelscheitel. Nino, der sehr viel Erfahrung mit Frauen hatte, konnte sich aber sehr gut vorstellen wie sie in einem Film aussehen könnte, mit leuchtenden Augen und glühenden Wangen, die Muschi weit gespreizt, einen Schwanz im Mund und einen im Anus.
In Zeiten der Jederzeitzugreifbarkeitaufintimszenen eigentlich nichts Spektakuläres. Angy war aber eine Frau, die sich vor wenigen Jahren noch niemals (NIEMALS) vor einer Kamera entblösst hätte. Aber heute taten das ja alle – mit Selfies oder so. Und Tumblr kannte kaum Zensur.
Angy tröstete sich, indem sie sich sagte, dass zigtausend Frauen dasselbe taten wie sie, Brüste freilegen („ist doch nichts dabei, Süsse“), Möse spreizen („ganz hübsch, Deine Muschel“) und Po in die Kamera halten („gut so, kleine geile Sau!“). Die geilen Säue waren aber niemals die Frauen, die derartiges taten, sondern all die anonymen Geniesser und Beobachter von Nigeria bis Moskau.
Der kollektive Frauenarsch. Erst vor ehedem noch dem Ehemann und dem Gynäkologen vorbehalten, war er nun auf jedermanns Festplatte.

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