Nervös rutschte Annette auf ihrem Bürostuhl hin und her. Sie war eine rechtschaffene Frau, Mutter von zwei kleinen Kindern, und ihr Ansehen im Dorf war gestiegen, seit sie die kleine Postfiliale leitete. Ihr Job war dadurch etwas weniger monoton; sie hatte die Verantwortung für fünf Angestellte, die seit Jahren im kleinen Dorf lebten und im Kleinbetrieb zum „Inventar“ gehörten. Nie hätte sie sich eingestanden, dass ihr etwas fehlte. Die Wohnung war hübsch eingerichtet, mit frischen, sonnengelben Storen, vielen Blumen und einer neuen Einbauküche. Die beiden Kinder wurden in der Krippe gut betreut. Nur eben – da war noch ihr Mann Marvin, gut 10 Jahre älter als sie – und, es muss hier gesagt sein, nicht eben eine Rakete im Bett. Das wäre ja noch angegangen. Sie hatte aber auch sonst den Eindruck, dass er sich - und sie - in letzter Zeit arg vernachlässigte, die Tage geistesabwesend verbrachte und ihr zunehmend zur Last fiel. Annette war ausgesprochen attraktiv. Dies bestätigten ihr auch die begehrlichen Blicke der Postkunden, die an ihrem Schalter Schlange standen. Dabei kleidete Annette sich stets unauffällig, aber geschmacks- und stilsicher, genau so wie ihre Stellung das verlangte. Nur selten war sie unachtsam und kombinierte vielleicht einen grobmaschigen, selbstgestrickten, dunklen Pulli mit einem weissen BH, der ihre neckischen, kleinen, spitzen Brüste erahnen liess. Annette war nicht prüde, keineswegs. Sie lebte ihre Träume allerdings nie aus, blieb einfach Mutter, Hausfrau und Angestellte.
Soeben betrat ihr Vorgesetzter die Filiale, was sie nervös auf ihrem Stuhl hin und her rutschen liess, wie Eingangs erwähnt. So, wie er an den Mitarbeitergesprächen mit ihr redete und sie betrachtete, war da mehr vorhanden als ein hierarchisches Verhältnis. Der Mann war ihr allerdings schlicht zu dick; auch jetzt wölbte sich die Krawatte über seinem Bauch.
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