Annina und der Gartenmann

des Wunderkerzen-Dramas dritter Teil

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Annina und der Gartenmann

Annina und der Gartenmann

Anita Isiris

Zu Hause machte sich der Dorflehrer über den Maisbrei und die Pilzsauce her, die seine Haushälterin für ihn bereit hielt, schenkte sich ein Glas Wein ein und ließ den Blick über seine Steinsammlung auf den Fenstersimsen gleiten. Emma war eine gutmütige ältere Frau, die sich vom Dorflehrer ein wenig mehr Beachtung gewünscht hätte. Aber er behandelte sie gut und mit Respekt. Die Frau konnte sich nicht beklagen, vor allem, als sie mitbekam, wie andernorts mit Haushälterinnen und Mägden umgesprungen wurde. Ungefragt genagelt, jederzeit, zwischen Käselaiben und Weinfässern, tief drunten in den Vorratskellern.

Es wurde Abend, und ein feiner Herbstnebel verlieh dem Dorf etwas Mystisches. Überall flackerten die Petroleumlichter hinter den blinden Fensterscheiben, und wehe dem, der über kein trautes Heim verfügte. Waldemar beeilte sich, einmal mehr machte ihm seine Kurzatmigkeit zu schaffen. Der Dorflehrer schüttelte ihm kräftig die Hand, dann schritten die beiden Männer entschlossen auf Anninas Haus zu. Der Nebel verdeckte die beiden männlichen Silhouetten, was den beiden zupasskam. Sie wollten keine Neugierde wecken und sich lediglich genussvoll auf ein Schäferstündchen mit der ahnungslosen Annina einlassen. Zweimal hämmerte der Dorflehrer mit der Faust an Anninas Tür, als die beiden das Knarzen der Bodendielen wahrnahmen. Überrascht weitete Annina die Augen. Es duftete nach Zimt, und Annina hatte dem Korridor entlang frisch geschnittene Mistelzweige aufgehängt. Sogar ein Weihnachtsstern aus glitzerndem Metall zierte eines der Fenster. „Wir möchten dir etwas schenken“, sagte Waldemar und setzte seinen unschuldigsten Blick auf. „Ich bekomme eigentlich nie Geschenke“, sagte Annina leise und ließ die beiden Männer ein. Sie führte sie in die Küche, in ihren eigentlichen Lebensraum. Das Wohnzimmer nutzte Annina kaum. Sie war arm und konnte es sich nicht leisten, mehrere Räume zu beheizen. Ein Teil der Küchenwärme beheizte auch das angrenzende Schlafzimmer, dessen Außenansicht der Dorflehrer bereits kannte, und die Tür dorthin war nur angelehnt. „Tee?“, fragte Annina und senkte verlegen den Blick. Männerbesuche war sie sich nicht gewohnt. Klar weckte sie seit langem tiefes Verlangen bei der männlichen Dorfbevölkerung, aber niemand hatte sich bisher so dreist in ihre Wohnung vorgewagt. Für die meisten blieb Annina Projektion, etwa wenn sie sich im herbstlichen Garten nach Äpfeln bückte.

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