Umständlich wickelte der Dorflehrer die Zimtsterne aus, die er am Morgen bei Waldemar erworben hatte. Annina erstarrte. „Die … könnte ich mir niemals leisten“, sagte sie leise. „Oft stehe ich vor der Bäckereiauslage und stelle mir vor, ich würde sie leer essen. Und jetzt bringt Ihr beide mir diese Zimtsterne und erfüllt mir damit einen kleinen Vorweihnachts-Wunsch.“
Danach ging das Gespräch eine Weile lang harzig voran, die drei unterhielten sich über den anstehenden strengen Winter, den auch dieses Jahr nicht alle im Dorf überleben würden. Jeden Frühling wurden an den Wegrändern steifgefrorene, vor allem ältere Bewohnerinnen und Bewohner entdeckt, die unter einer dicken Schneeschicht verborgen gewesen waren und die erst der Frühling enthüllte. Vermisst hatte sie den ganzen Winter über niemand. Es gab viele einsame, verlorene Menschen.
„Ich schlage ein Spiel vor, das viele junge Menschen im Winter spielen, damit ihnen warm wird“, sagte plötzlich der Dorflehrer. „Die Zimtsterne haben je fünf Zacken. Für jede Zacke, die du abknabberst, Annina, dürfen sich Waldemar und ich etwas wünschen.“ Annina weitete fragend die Augen. „Es macht Spaß, du wirst schon sehen“, sagte der Dorflehrer und zwinkerte Waldemar zu. Zögernd nahm Annina einen Zimtstern aus der Tonschale, die mitten auf dem Küchentisch stand. So zaghaft, wie sie damals Waldemars Hörnchen geleckt hatte, führte sie den Zimtstern an die Lippen, als wollte sie ihn küssen und sog den herrlichen Duft des Gebäcks tief ein. „So ist es richtig“, sagte Waldemar heiser. „Genieß mein Gebäck.“ Dann lutschte Annina genussvoll an der ersten Zimtsternzacke. Sie schob sie sich in den Mund und biss sie ab.
„Also“, sagte der Dorflehrer in seiner gewohnten natürlichen Autorität. „Annina, öffne die Schlafzimmertür.“ „Wenn es weiter nichts ist“, lachte Annina, stand auf und schob die knarrende Tür auf. Dahinter verbarg sich ein Raum, der in tiefer Weiblichkeit erstrahlte. Überall standen kleine Gegenstände, auch Steine oder getrocknete Pflanzen, die Annina in den letzten Jahren gesammelt hatte, und mehrere bunte Häkeldecken verzierten den Tisch und die beiden Stühle. Der Dorflehrer erinnerte sich, wie er Annina beim Waschen beobachtet hatte, und sein Gemächt wurde sofort wieder hart und prall.
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