Nach wenigen Tagen hatte die junge Frau sich akklimatisiert, und in ihrer Nähe gab es immer etwas zum Lachen. Lachen als Primärtherapie. Lachenden Menschen geht es gut. So die Prämisse. In den ersten Tagen ging es folgerichtig darum, Anouk zuerst ein Lächeln, dann ein Lachen zu entlocken. Bereits am zweiten Tag des Aufenthalts erwiderte Anouk das Lächeln, das die erfahrenen Kleinen in ihr evozierten. Es ging darum, Anouks Innerstes wieder zu Leben zu erwecken. Warum sie in ein derart tiefes Loch versunken war, hätte sie nicht zu sagen vermocht. Zuerst waren da die Stimmungsschwankungen gewesen, von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt. Dann hatten ihre schulischen Leistungen nachgelassen. Wie eine welke Blume hatte sie sich jeweils auf den Heimweg gemacht, allein, denn ihre Freundinnen hatten sich von der in sich versunkenen Frau längst abgewandt. Wer nie aufgehört hatte, sich für sie zu interessieren, war Herr Filcho, der 63jährige Hauswart, der ihr einmal in der Tiefgarage seine Zunge in die Mundhöhle gedrückt und ihr das T-Shirt hochgeschoben hatte, aber das ist eine andere Geschichte. «Du willst es doch», hatte er gekeucht, und das hatte ihr den Rest gegeben. «Du willst es doch.»
Der Kitzeltherapie, die am Magerberg in den ersten Tagen durchgeführt wurde, unterzog sich Anouk ohne Probleme. Klar, sie musste sich bis auf die Unterwäsche ausziehen und sich so ihr völlig unbekannten kleinen Männern zeigen. Diese behandelten sie aber derart seelenvoll, dass es Anouk noch nicht einmal etwas ausgemacht hätte, sich ganz auszuziehen. Die Kleinen schienen Anouks Grenzen genau zu spüren, und niemand nutzte die Situation aus und berührte Anouk ungebührlich. Wichtig war der Vertrauensaufbau, wichtig, wenn nicht sogar absolut zentral. Anouk entspannte sich, bekam weiche Knie, verwandelte sich zu Butter unter den zärtlichen Streicheleien der Kleinen, fünf bis sechs an der Zahl. Sie lag auf einem sanft beleuchteten Behandlungstisch, mit leicht gespreizten Beinen, und gab sich den Berührungen hin, Berührungen durch erfahrene Männer, die allesamt auf kleinen Holzpodesten standen. Zwölf Hände auf Anouks Körper. Zwölf Hände, die konzertiert ihren Bauch, ihre Oberarme, ihre Schenkel streichelten. Und, klar, Anouk fühlte in sich Erregung aufkeimen, zum ersten Mal nach der seelischen Leere, die sie in den letzten Wochen und Monaten empfunden hatte. Sie ahnte, dass ihre Erregung auch den Stoff ihres Slips anfeuchtete, in einer länglichen, dem Baumwollstoff entlanggezeichneten Spur.
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