Aphrodite

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Aphrodite

Aphrodite

Daryan Altero

Paris wischte sich den Schweiß von der Stirn und blinzelte über das juwelengleiche Funkeln des ägäischen Meeres. Ein tiefblaues Strahlen, ein silbernes, fast schmerzhaftes Glitzern. Kein Palast, nicht einmal der Thronsaal des persischen Großkönigs, konnte bei dieser Schönheit mithalten.
Glaukos, bat Paris in Gedanken. Schenke mir einen reichen Fang. Für meine Frau, für meine Familie.
Er schob das Boot ins Wasser. Das betagte Holz schrabte über rundgeschliffene Steine, auf denen sich der Fischer vorsichtig tiefer tastete.
Glasklar schwappte das Wasser gegen seine Unterschenkel, verriet ihm die zwischen den Steinen versteckten Seeigel, denen er auswich, bis das Boot freischwamm. Vorsichtig, um es nicht zu kippen, schwang er sich hinein.
Paris griff nach dem Ruder, da mischte sich ein Ton in das Lied aus Wellen und Wind, den Paris nicht einzuordnen vermochte.
Suchend wanderten seine Augen über die steilen Klippen, die die Bucht zu beiden Seiten begrenzten.
Da war es wieder. An der Grenze zur Wahrnehmung, fast nur ein Echo. Paris Augen fanden nichts, an dem sie sich hätten festhalten können, doch deutlicher und deutlicher wurde das Geräusch. Ein Lachen? Ein Kichern? Verlor er den Verstand?
Paris ließ das Ruderblatt ins Wasser gleiten und versuchte seine Hirngespinste zu verbannen. Er musste sein Netz ausbringen, damit seine Kinder etwas auf den Tisch bekamen.
»Hallo Fischermann«, flüsterte der Wind, der gleichzeitig das Kichern mit sich trug. Zwei Stimmen, die zu einer verschmolzen.
Paris wirbelte herum und erstarrte, als hätte er in die Augen der Medusa geblickt.
Am Strand stand eine Frau, mit einem spöttischen Lächeln auf den kirschroten Lippen. Ihr schwarzes Haar tänzelte unnatürlich stark im viel zu schwachen Seewind. So wie ihr Gewand, welches schneeweiß ihre fast gleichsam helle Haut umspielte. Dunkel schimmerten zwei runde Stellen durch den fadenscheinigen Stoff. Dort, wo sich ihre Brüste abzeichneten. Zwei unnatürlich perfekte Erhebungen. Darunter, unter einer schmalen Taille, ein dunkler Schatten, der zwischen ihren Beinen lockte. Beine, an denen ihr Gewand wie Wasser hinabfloss. Ein Gewand, welches mit zwei langen Schlitzen mehr verriet, als das es verbarg…
Das Ruder fiel aus Paris kraftlosen Fingern und wieder erklang das fremdartige Kichern. Es schien von der Frau auszugehen, doch waren ihre Lippen nicht verschlossen?
Die Frau hob einen feingliedrigen Finger und deutete auf Paris. Dann drehte sie ihre Hand und vollführte eine lockende Bewegung.
»Wer… Wer bist du?«, stotterte der junge Fischer.
Das Lächeln der Frau wurde breiter. »Warum stellst du mir belanglose Fragen. bist du denn kein Mann und siehst du keine Frau, die dich in ihre Arme ruft?«
»Ich habe eine Frau, ich habe Kinder. Ich… Ich muss. Ich kann nicht ohne Fang nachhause kehren.«
Paris Ohren klingelten beim Klang des Lachens, welches nicht aus dieser Welt zu kommen schien. Glockenhell hallte es über die Hänge der Klippen. Es schien nah zu sein – und dann wieder ganz fern.
Die Frau fuhr sich mit der Hand über ihre Schulter und schob dabei den weißen Stoff ihres Gewandes über ihren Arm. Er rutschte herab, auf der Seite nur noch gehalten von ihrem halb entblößten Busen.
Was geschah hier? Paris spürte Hitze in sich aufsteigen, heißer als die Esse eines Schmiedefeuers. Und gleichzeitig fuhr ein Frösteln über seine Haut, kälter als die Seewinde, die im Winter durch die dickste Kleidung schnitten.
Auch ihr zweiter Träger fiel. Wie in einen magischen Bann geschlagen, starrte Paris zu der sich entblößenden Frau. Der Wind zupfte an den frei hängenden Ärmeln, doch kurz bevor er über ihren Busen rutschten konnte, hielt sie den Stoff mit der Spitze ihres Fingers auf ihrem Brustbein fixiert.
»Bist du… eine Nymphe«, krächzte Paris mit versagender Stimme.
»Kommst du jetzt, mein Fischermann?«, säuselte der Wind.
Die Frau löste ihren Finger, der Stoff rutschte. Paris hielt den Atem an. Ein nie gekanntes Verlangen loderte in ihm auf. Das Blut schoss ihm in die Lenden.
»Na los. Ich sehe doch, dass du es willst«, lachte es irgendwoher aus der Weite des endlos blauen Himmels.
Die Frau fasste nach ihrem Gürtel und öffnete den Knoten in einer fließenden Bewegung. Das Gewand rutschte über ihr Becken und legte sich um ihre Fesseln. Sie setzte sich in den feinen Kies, lehnte sich zurück auf ihre Ellenbogen – und dann fielen ihre Beine auseinander.
In Paris Körpermitte pochte es schmerzhaft. Er dachte noch einmal an seine Frau, an Delia, die mit ihren drei Kindern auf ihn wartete. Dann verschwand alles in einem dumpfen Nebel. Ein Nebel, der ihm die Sinne nahm.
Ungeschickt wie ein Betrunkener stolperte er aus dem Boot, platschte ins Wasser. Ein scharfer Schmerz schoss durch seinen rechten Fuß. Doch Paris wankte einfach weiter. Hin zu der übermenschlichen Schönheit. Hin zu dem dunklen Flaum, der sich so einladend teilte. Der ihr Innerstes, rosarot und feuchtglänzend wie die lieblichste Frucht, so bereitwillig offenbarte.
»Komm!«, schallte es in Paris Kopf in einem dunkleren, einem fordernden Ton. Einem Ton voll überschäumender Begierde.
Paris fiel vor der Frau auf die Knie und riss sich seinen Chiton über den Kopf.
Doch dann verharrte er. Mit steifem pochenden Glied. So kurz davor, so weit entfernt. Was, wenn er sie berührte? Würde sie dann verschwinden? Träumte er gar?
»Nimm mich«, forderte die Stimme nun mit so viel Macht, dass sie Paris Willen wie eine Ameise zerquetschte.
Sein Denken verengte sich, bis es nur mehr aus einem Drang bestand. Dem, sich zu paaren.
Wohlige Schauer gingen wie Wellen durch seinen Körper, als er über die Frau kam. Als die Spitze seines Gliedes durch ihren Flaum strich. Als er ihre fremde Nässe spürte…
Ungeduldig, hastig, suchte er ihr Innerstes. Er drückte und presste. Ganz so, wie bei seinem ersten Mal. Als er irgendetwas getan hatte, was ihm seine Instinkte befohlen hatten. Doch anders als seine Frau, zuckte die Fremde nicht zurück… Nein… Sie reckte ihm ihr Becken entgegen. Sie ermutigte ihn. Sie stachelte ihn an. Und dann wurde aus dem Gegendruck ein Aufgleiten. Ein sanftes Umschmeicheln…
Die Frau ließ sich in den Kies sinken und zog Paris mit sich - während er sich in ihren Tiefen verlor.
»Ich will, dass du dich in meinem Schoß ergießt«, flossen Worte wie süßer Honig in Paris Ohr.
Mit hastigen Stößen begann er sich in der Schönheit zu bewegen, versuchte tiefer und tiefer zu gelangen. Während seine Hände über ihre milchweiße Haut glitten. Während er ihre weichen Brüste unter sich spürte. Ihre Schenkel, die ihn umklammerten, die sein Becken niederdrückten.
Die Wonne war zu groß, der Trieb zu stark. Wie Schmerz pulsierte die Lust durch Paris Adern. Seine Lippen sprangen auf, lauthals begann er zu stöhnen, so laut und heftig, dass er sich selbst fremd vorkam.
»Gib mir deinen Samen«, befahl die Stimme.
In Paris zerriss etwas. Zu groß war einerseits der Drang, dem Befehl nachzukommen, zu groß war der Wunsch nach seinem Höhepunkt. Zu groß war andererseits die Angst vor dem Ende des Aktes. Vor der Leere, die danach kommen würde.
Doch sein Körper ließ ihm keine Zeit zu wählen. Die Frau ließ ihm keine Wahl. Wie ein Wickel aus Lederriemen zog sich ihr Innerstes um seinen Schaft zusammen. Paris spürte ein Zucken, tief in sich. Er spürte seine Leiden ins unerträgliche Steigen. Er spürte, wie er mit kraftvollen Kontraktionen ejakulierte. Wie er seinen Samen in der fremden Frau verströmte. Wie er ein Dutzend befreiender Tode starb…
»Hab Dank mein Fischermann«, säuselte die Stimme, während eine Hand mit der Wärme der Sonne über Paris Schopf strich. Während die letzten Rinnsale seines Samens aus ihm quollen. Während die Schönheit ihn noch immer in sich gefangen hielt. »Doch nun eile dich und rudre fort, bevor dich Hephaistos in seinem Zorn erschlägt.«
Noch immer durchzogen Schwaden Paris Verstand. »Hephaistos, der Gott der Schmiede?«, fragte er träge.
Doch die Stimme war fort und mit ihr die Wärme des nackten Leibes unter ihm.
Paris lag im Kies. Die Wellen kitzelten seine Füße. Einer von ihnen brannte wie Feuer.
Müde hob er den Kopf, während die Erde zu beben begann. Rauch stieg aus dem Vulkan der Insel.

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