Arschfixiert

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Arschfixiert

Arschfixiert

Anita Isiris

Es regnete, und Brüste interessierten ihn schon längst nicht mehr. Wir schreiben das Jahr 2030, und es ist Sommer. Hochsommer. 40 Grad, mitten in Berlin. Er sass auf einer Bank, unter einem wuchtigen Baum, zuhinterst in den Hackeschen Höfen, gleich gegenüber dem Ampelmännchen-Laden. Und, wie gesagt, Brüste interessierten ihn nicht mehr, seit sämtliche Kleidervorschriften, nicht zuletzt auch aufgrund der massiven Temperaturzunahme, aufgehoben worden waren. Selbst auf den Spreefahrten waren sie zu sehen, die Frauen, ein Himbeerbier nippend, mit schweren, nackten, noch unschuldigen Titten, die sich, mit endlos hohem Sonnenschutzfaktor, von der Sonne bescheinen liessen. Zudem konnte Rainer jede, wirklich jede Frau auf seinem Smartphone zu Leben erwecken – nur obenrum oder auch komplett nackt.

Möglich machte das ein neuer Deep-Fake-Generator. Noch immer war der Menschheits- oder besser – Männertraum nicht in Erfüllung gegangen, dass eines Tages eine Kamera auf den Markt kommt, die durch Textilien hindurch filmen oder fotografieren kann. Aber neuerdings gab es überall Wärmesensoren. Diese Sensoren fügten jedem Foto ein Wärmebild hinzu, als Metadaten. Dieses Wärmebild vereinfachte es, die Brüste und andere ehemals explizite Stellen, speziell von Frauen, sichtbar zu machen. Rainer machte von dieser neuen Funktion ausgiebig Gebrauch; es faszinierte ihn, eine beliebige Frau zu fotografieren, am besten gleich frontal, um sie dann, zuhause am Küchentisch, virtuell auszuziehen oder auch ganz einfach neu einzukleiden. Irgendwann flaute bei ihm aber diese Leidenschaft ab. Die ganze Welt war voll von Brüsten, sie waren der letzte Aufhänger einer lebenswerten Gesellschaft, der, abgesehen von den beiden weiblichen Hügelchen, alles, aber wirklich alles, abhandengekommen war.

Die Schweiz litt noch immer unter dem versehentlichen Atomschlag, und in Österreich und Spanien verdursteten die Leute auf der Strasse, weil es seit 200 Tagen nicht mehr geregnet hatte.

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