Nach der Arbeit setzte ich mich wie üblich in meinen Wagen und fuhr los. Durch das offene Seitenfenster wehte die sommerliche Abendluft herein, während ich langsam über den Kurfürstendamm rollte und die Menschen auf der Straße und in den Cafés beobachtete. Überall waren gutaussehende und gutgekleidete Männer und lachende Frauen in luftiger Kleidung. Es überraschte mich immer wieder, daß in dieser ansonsten so tristen Stadt in den wenigen warmen Monaten plötzlich diese mediterrane Leichtigkeit herrschte. Oder waren es nur die Besucher, die im Gegensatz zu den Berlinern keine Schwierigkeiten damit hatten, einfach mal das Leben zu genießen?
Bald darauf bog ich in irgendeine Nebenstraße ein und ließ mich kreuz und quer durch die Stadt treiben. Ich hatte noch keine Lust, nach Hause zu fahren, weil ich dort nicht finden würde, wonach ich suchte.
Zunächst hatte ich gar keine genaue Vorstellung, was ich eigentlich suchte. Ich kam mir eher wie ein Jäger vor, der durch Wald und Savanne streift und geduldig abwartet, welche Beute seinen Weg kreuzt.
Schließlich landete ich wieder auf dem Kudamm und erreichte den Abschnitt, wo sich in den Abendstunden für den einsamen Jäger leichte Beute machen ließ. Allerdings hinkte der Vergleich ein wenig, da es nicht ganz eindeutig war, wer in dieser Situation Jäger und wer Gejagter war.
Schließlich hielt ich neben einer jungen Frau an, die schwarze Netzstrümpfe, einen hellgrünen Latexrock und ein dunkelblaues Bustier unter einer hellblauen Latexweste trug. Sie war schwarzhaarig, mittelgroß und weder zu mager noch zu üppig gebaut.
Sie stemmte die Hände in die Hüften und beugte sich mit gestrecktem Oberkörper vor. "Hello, stranger!" rief sie durchs Seitenfenster. "Can I help you?"
"I think so", erwiderte ich lächelnd. "Aber wir können uns auch auf deutsch unterhalten."
"Oh, ich dachte, du bist Engländer ... wegen deinem Auto."
Artischocken
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