„Möchtest du noch etwas trinken, meine Liebste?“, fragte mich mein Mann.
Im selben Moment hörte ich ein anderes Paar fast den gleichen Dialog führen. Er stand mit dem Rücken zu mir. Sie, etwa Ende Dreißig, schlank, schulterlanges dunkelblondes Haar (ein paar Strähnchen würden ihr gut zu Gesicht stehen), blickte in meine Richtung. Ich kannte sie nicht, doch nannte sie ihre Begleitung Tony und er sprach sie mit Anja an. Das konnte kein Zufall sein! Bevor meine Gedanken ganz und gar ins Rotieren gerieten, beantwortete ich meinem Mann die Frage nach dem Getränk.
„Einen trockenen Rotwein, bitte – sehr trocken!“, sagte ich und schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. „Für dich immer, meine Schöne“, zwinkerte Sebastian mir zu, gab mir einen Kuss und ging zur Bar.
Tony... Tony heißt auch ein Bekannter, den ich im Chat kennen gelernt hatte. Seit vielen Monaten schon unterhielten wir uns, scherzten und lachten, neckten einander. Wir waren uns sehr sympathisch – zu einem Treffen fehlte uns bislang der Mut. Aus Angst, es würde vielleicht nicht beim Kaffee trinken bleiben.
Konnte es sein, dass er es war? Sicher, ich hatte ein Bild von ihm, doch er stand mit dem Rücken zu mir. Er sah sehr adrett aus in seinem Anzug. Hinzu kam, dass Tonys Frau Anja heißt, soweit war ich im Thema. Mein Herz schlug bis zum Hals. „Los, dreh’ dich um!“, versuchte ich ihm meine Gedanken mitzuteilen. Und tatsächlich. Noch bevor Sebastian mit meinem Rotwein zurückgekehrt war, drehte dieser Tony sich um.
Ich versuchte ganz tough zu bleiben, doch mein Herz sprang fast aus meinem Dekolleté. Er war es! Tony erstarrte beinahe, als er mich entdeckte und langsames Erkennen einsetzte. Unmerklich nickte ich ihm zu, und da hatte er verstanden.
Sebastian brachte meinen Wein, den ich viel zu hastig trank, obgleich ich nur zu gut wusste, dass ich kaum Alkohol vertrug. Mein Mann schmunzelte über mich, er kannte mich eben. An diesem Abend konnte er die Augen nicht von mir lassen, trug ich doch diesen unverschämt eng sitzenden Jumpsuit, der meine weiblichen Vorzüge so herrlich betonte. Die raffinierten, hohen Sandaletten verschafften mir Beine bis in den Himmel. Ich war mir meiner Erscheinung sehr wohl bewusst und genoss die Blicke der Männer und die derjenigen Frauen, die mich nicht töten wollten.
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schreibt Aladina