Er wollte mich ganz jeden Augenblick, aber er versuchte nicht, mich zu halten, zu besitzen, mit mir zu verschmelzen – und genau das tat mir gut. Yves hatte einiges mit K. gemeinsam, aber K. drängte mit Begehren und Leidenschaft und seine Seele wahrte keine Distanz. Eigentlich wäre diese verzehrende Liebe eines Mannes, der mich respektvoll behandelt, ein Traum. Aber irgendetwas daran zwang mich auf Abstand. K. litt deswegen und er konnte nicht souverän mit meinen zwiespältigen Gefühlen umgehen.
Und Juan? Ich wurde zunehmend nervöser, wenn ich an ihn dachte. Bereits heute Abend konnte ich ihn wieder sehen – wenn ich wollte. Er war das genaue Gegenteil der beiden anderen Männer. Er respektierte mich nicht, er benutze mich, aber er jagte mich mit der Ungewissheit und seiner ungezügelten Triebhaftigkeit in Höhen der Lust wie kein anderer Liebhaber.
Übel war mir, denn ich wusste, ich würde ihn aufsuchen, heute noch, egal, was passierte.
*
Es kam wie es kommen musste. Juan behandelte mich wie ein Stück Dreck und hatte so Macht über mich – was ich nie sonst jemandem zugestanden hätte. Und K. konnte nicht damit umgehen, dass es war wie es war. Er hätte einen Platz in meinem Leben gehabt, aber es war ihm zu diffus, zu ungewiss, zu demütigend. Obwohl ich mit ihm schlief und unser Sex nach wie vor innig und von blindem Verstehen gekennzeichnet war, litt er. Als ich ihn endlich fortschickte, fügte er sich erschöpft in sein Schicksal. Wir gingen respektvoll miteinander um, und den einen oder anderen Gesprächsversuch bog ich ab, bemüht, ihn nicht noch mehr zu verletzen. Nach einem weiteren halben Jahr kündigte ich und zog fort. K. versuchte nicht, mich aufzuspüren.
Ich hatte K. nie gefragt, was ihn bewegt. Vieles wusste ich, aus dem, was er so erzählte. Manches ahnte ich – und wollte nicht, dass es ausgesprochen wird, gerade was uns anbelangte. Ich habe ihn so genommen, wie er ist. Aber ich habe ihn nie getröstet, obwohl er das wahrlich gebraucht hätte. Und ich bin mir nie klar darüber geworden, ob ich ihn ganz und gar will.
Ich kann nicht sagen, K. hätte keine Chance gehabt.
Aber letztlich keine große.
Und Juan?
Juan bekam mich ganz, mit Haut und Haar.
Auszeit VI - Abschied
Tinas Geschichte
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Auszeit VI - Abschied
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