Badesaison vorbei

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Badesaison vorbei

Badesaison vorbei

Anita Isiris

Ein letztes Mal. Ein letztes Mal betrachteten Julia, Samira und Enrico die Baumkronen über sich, Kronen, die sich in kürzester Zeit von sattem grün zu geheimnisvollem rot-orange verfärbt hatten. Alle drei waren geübte Schwimmer, allerdings tat Enrico nichts lieber, als seinen beiden Kolleginnen beim Schwimmen zuzuschauen. Denn die ganze Welt ist sich in einem Punkt einig: Es gibt nichts Schöneres als schwimmende Frauen. Ihre Anmut, ihre Bewegungen, die selbst dann als grazil einzustufen sind, wenn sie überhaupt nicht gut schwimmen können. Es ist die Aura, die Frauen im Wasser umgibt. Die glitzernde Oberfläche des 50-Meter-Beckens, nasses Haar, ein fröhlicher Gesichtsausdruck... all das ist es, was schwimmende Frauen oder Frauen im Wasser die Herzen warm werden lässt.

Schon mehrmals hatte Enrico wegen der großzügig gebauten Julia und der grazilen Samira fast den Verstand verloren. Julia stand ihm als Kollegin näher, nicht zuletzt auch deshalb, weil Enrico und sie an derselben Strasse wohnten. Schon als Kinder hatten sie ein Schnurtelefon gebastelt, mit je einem Joghurtbecher an den Enden. So konnten sie, ganz ohne technischen Schnickschnack, quer über die Strasse miteinander korrespondieren. Archaisch, nach den Gesetzen der Physik. Die beiden hatten schon früh ihre Leidenschaft, das Schwimmen, geteilt, und beide fühlten sich vom Wasser angezogen. In späteren Jahren, wenn etwa Enricos Eltern nicht zuhause waren, hatten die beiden in der Badewanne gemeinsam und friedlich Hausaufgaben gemacht, etwa Französischvokabeln gelernt. Aus einem Instinkt heraus hatte Enrico es stets vermieden, mit einem Zeh Julias Mumu zu berühren, und seine Erektion bedeckte er diskret mit Badeschaum. Selbstverständlich entging das der kecken Julia nicht, und mehr als einmal hatte sie den Badeschaum einfach weggeblasen.

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