Schwach beleuchtete Tunnel scheinen ins Ungewisse zu führen, an ihren Wänden abgerissene Plakate, aber auch Streetart, Kunst an einem Ort, wo man sie nicht erwartet. An manchen Mauern haben sich die Künstler richtiggehend ausgetobt: anspruchsvolle Graffitibilder neben banalem Gekleckse, Schriftzüge mit politischen Parolen und Schlagwörter eindeutig sexuellen Inhalts. Verlässt man die unmittelbare Nähe des Bahnhofs, das Gewirr der Unterführungen, der Andienungs- und Verkehrstechnik, beginnt das Labyrinth der Wohn- und Geschäftsstraßen. Die Hausfronten sind heruntergekommen und hässlich, die Eingangstüren alt, die Briefkästen verlottert, die Türklingeln ein Wirrwarr, die Fenster aus billigem Glas mit altmodischen Klappläden oder ausgeblichenen Jalousien. Man geht an billigen Kneipen vorbei, trifft auf Ein-Euro-Läden und alle Arten von Billiggeschäften, sieht aber auch nostalgische Tante-Emma-Läden, kommt an heruntergekommenen Import- und Exportläden vorbei und gelangt schließlich in das Gebiet der Sexshops, Spielhöllen und Wettbüros. Man eilt auf schmalen Bürgersteigen an stinkenden Autoschlangen entlang, umrundet falsch geparkte Wagen, die den spärlichen Platz weiter verengen, steigt über Fahrradständer, die das Trottoir versperren und ekelt sich vor den schwarzen, manchmal aufgeplatzten Müllsäcken vor den Haustüren, willkommene Edelfreßlokale für Ratten. All die Straßen, Gassen, Sackgassen, Plätze, Einfahrten scheinen kein logisches Muster zu bilden, sie scheinen ohne Plan entstanden zu sein, eine kongeniale Fortsetzung des Bahnhofslabyrinths, dem man nur scheinbar entronnen ist.
Er kam berufsbedingt oft in die Stadt. Tagsüber hielt er sich in anderen Vierteln und anderen Kreisen auf und sein Stammhotel war ein nostalgisches, prächtiges Grand Hotel, mitten im Zentrum, in der guten Stube der Stadt. Aber auf dem Weg zum Flughafen musste er unweigerlich zu dem Bahnhof.
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