Der Balkon

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Der Balkon

Der Balkon

Yupag Chinasky

Dabei sah sie nicht einmal besonders hübsch aus, aber auch nicht hässlich, keineswegs. Er schätzte sie auf Mitte dreißig oder vierzig. Ein südländischer Typ, eher gedrungen, aber gut proportioniert. Allerdings konnte er sie nur teilweise sehen. Der untere Teil ihres Körpers war von der Balkonbrüstung verdeckt. Ihre Beine waren für seine Blicke unerreichbar, sie waren schlicht unsichtbar. Aber was er sah, reichte aus, um sein Interesse wach zu halten. Ihr rotes Frotteekleid floss um ihren Körper und ließ seine Proportionen deutlich erkennen, die breiten Schultern, den großen Busen, die Taille, den Ansatz von Bauch und Hüfte, alles rund, alles harmonisch, alles deutlich ausgeprägt. Wenn sie sich über die Brüstung lehnte, konnte er tief in ihren Ausschnitt sehen und ihren formidablen Busen bewundern. Sie lehnte sich oft über die Brüstung, immer wenn sie rauchte und sie rauchte viel. Wenn sie sich bückte, um hinter der Brüstung etwas zu machen, was er nicht erkennen konnte, etwas abzustellen oder aufzuheben, sah er einen Teil ihres großen, runden Hinterns darüber ragen. Dieser Körperteil zog seine Blicke magisch an, aber sie bückte sich selten. Das Kleid ließ erahnen, was sich darunter verbarg. Es schuf Neugier auf diesen drallen Körper und er wünschte sich, das Objekt seiner Begierde unverhüllt zu sehen. Und er sah sie tatsächlich so, wenn auch nur sehr kurz und völlig unscharf. Er sah ihre nackte Haut durch die Milchglasscheibe des Badezimmers, wenn sie sich nach dem Duschen abtrocknet und sich dabei der Fensterscheibe näherte.

Ihren Körper konnte er nur teilweise sehen, dafür befanden sich ihr Kopf, ihre Haare, ihr Gesicht und ihre Hände ständig in seinem Sichtfeld. Ihre Hände waren im Gegensatz zu dem gedrungenen Körper lang, schmal und knöchrig. Sie waren ständig in Bewegung und offenbarten, wie nervös sie war, wie sehr ihr die Hitze zusetzte. Die Anspannung spiegelte sich auch in ihrem Gesicht. Es war rund, ziemlich scharf geschnitten und wurde von langen, offenen, schwarzen Haaren umspielt. Ständig fielen Strähnen über die Augen und ihre Hände waren dauernd beschäftigt, sie fortzustreifen und den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen und die Augen zu reiben. Ihr Gesichtsausdruck wurde, je länger sich die Nacht hinzog um so müder und gequälter und löste bei dem stillen Beobachter Mitleid aus.

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