Am Nachmittag näherten sie sich dem Gebirge, das dunkle Massiv stach gegen den Horizont deutlich ab. Bald erkannte man Einzelheiten und es dauerte nicht sehr lange, da befanden sich ihre Wagen im Anstieg, rechts und links der Straße waren karge, von Geröll bedeckte Hänge zu sehen. Als sich die Straße rechts zu einem Platz weitete, ließ Amfica halten und die Verdecke hochklappen. Eine kluge Entscheidung, denn mit der gewonnenen Höhe war die Temperatur deutlich gesunken. Sie kamen auf eine Hochebene, von der eine Serpentinenstraße in das Tal von Montegrad führte.
In den Straßen der Stadt war nicht sehr viel Betrieb, aber man konnte vereinzelt Frauen in langen weißen Gewändern auf den Fußwegen und kleinen Plätzen sehen. Einige der Frauen trugen auch noch Kopfbedeckungen unterschiedlicher Form, flache Hüte und Mützen, auch Stirnbänder waren zu sehen, alles in Weiß. Viele der Gewänder fielen lose herab, aber es gab auch gegürtete. Die Gürtel waren die einzigen Kleidungsstücke – außer den Schuhen – die farbig waren, aber alle ebenfalls in hellen Pastelltönen.
Das Straßenbild erschien den Neuankömmlingen fremdartig. Es war klar, keine und keiner von ihnen war vorher je hier gewesen, aber der befremdliche Eindruck rührte von etwas anderem her, außer der Tatsache, dass sie die Stadt nicht kannten. Bis es Phalu offensichtlich wurde, was hier anders als gewohnt war. »Die sind ja alle bedeckt!«, rief er aus.
»Ja, hatten wir dies nicht erwähnt in unseren einführenden Erläuterungen?«, fragte Amfica. »Zu den Besonderheiten dieser autonomen Region gehört auch, dass hier Bekleidung das Normale ist. Dies ist vorwiegend den niedrigeren Temperaturen als im Kernland Feminas geschuldet. Die Anhänger der hier weit verbreiteten androphoben Religion des Ninturismus kleiden sich in Weiß. Und um nicht aufzufallen, tun dies die nichtgläubigen Frauen im Allgemeinen ebenfalls.«
Inzwischen waren sie an einer prächtigen Villa im Zentrum der Stadt angekommen. Das Tor zu dem Villengrundstück, neben dem ein prunkvolles Schild das Gebäude als eine Zweigstelle des Ministeriums für Fortpflanzung und Genkontrolle auswies, öffnete sich automatisch und ließ sie einfahren. Vorbei an dem Villengebäude fuhren die Wagen, versteckt vor eventuellen Blicken von der Straße, auf den Hof hinter dem Haus. Auf der Treppe am Hintereingang erwartete sie eine stolz wirkende schöne Frau, schätzungsweise etwa Mitte vierzig, in einem weißen bis an die Knie reichenden Kleid, mit einem hübschen, aber nicht sehr tiefen Dekolleté und einem goldenen Gürtel. Sie trug ebensolche Sandalen und breitete ihre Arme zur Begrüßung der Aussteigenden weit aus.
Begrüßung in Montegrad
Bei den Androphoben - Teil 6
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Begrüßung in Montegrad
Zu begatten die Frauen im Auftrag der Königin, das ist in Femina der Männer Lebenssinn.
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schreibt HansG