Beichte

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Beichte

Beichte

Johannes Seilmann


„Ja, sie müssen mir alles erzählen. Sonst kann ich ihre Reumütigkeit nicht erkennen und kann ihnen keine angemessene Buße aufgeben. Also?“
„Also ich hatte diesen Mann in der U-Bahn gesehen. Er sah mich an und ich fand ihn attraktiv. Er lächelte mich an und beim Aussteigen hat er mich kurz berührt. Als ich dann nach Hause kam, habe ich mir ausgemalt, wie es wäre, wenn er mitgekommen wäre.“
„Was haben sie dann getan, Karin?“
„Ich habe geduscht. Und mich danach auf mein Bett gelegt.“
„Haben sie nur geduscht?“
„Muss ich das alles erzählen, Herr Pfarrer?“
„Das sagte ich schon. Alles. Jede Einzelheit, damit ich mir ein Bild von ihrer Sünde machen kann.“
„Ich, ich habe das Wasser an mir herunter laufen lassen. Und beim Einseifen habe ich …“
„Ja?“
„Herr Pfarrer, das ist mir so peinlich.“
„Die Beichte soll unangenehm sein, sonst verfehlt sie ihre Wirkung, Karin. Also?“
„Ich habe ausgiebig meine Scheide gewaschen. Also, eingeseift und dann sanft gerieben. Dann immer stärker.“
„Gut, weiter.“
„Nach dem Abtrocknen habe ich mich dann nackt aufs Bett gelegt. Ich war feucht, sie wissen schon.“
„Nein, ich weiß nicht.“
„Naja, ich habe die Beine breit gemacht und mir vorgestellt, er wäre da und würde sich über mich legen. Dann habe ich mir Finger reingesteckt und mir vorgestellt, er wäre es.“
„Sie waren feucht, sagen sie?“
„Ja, vom Duschen und dem Reiben.“
„Karin, sie werden mir das zeigen müssen. So kommen wir nicht weiter.“
„Hier?“
Sie sah mich erschreckt an.
„Ja, hier. Dort drüben steht eine Liege. Legen sie sich dort hin. Und machen sie es genauso, wie es war.“
Sie sah sich um. Bisher hatte sie wohl nur die Kerzen wahrgenommen. An einer Seite des Raumes stand ein Tisch mit zwei Stühlen, auf denen wir bis jetzt gesessen hatten. An der anderen Seite hing ein Kruzifix an der Wand, darunter stand eine Kniebank, die mit Leder gepolstert war. An der dritten Wand war das Fenster mit einer Gardine verhängt, die Licht durchließ, aber den Blick nach draußen (und nach drinnen) versperrte.

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