Beinahe ein Gentlemen.

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Beinahe ein Gentlemen.

Beinahe ein Gentlemen.

Joana Angelides

Als wir beim Dessert waren, nahm er behutsam meine Hand und hielt sie in der seinen fest.
„Haben Sie heute noch eine Verpflichtung, oder können wir unser Zusammensein etwas länger ausdehnen? Ich würde Ihnen gerne mit einem Glas Champagner in der Hand mein derzeitiges Domizil über den Dächern der Stadt und den wunderbaren Blick aufs Meer zeigen. Wer weiß, vielleicht können wir auch noch den Sonnenaufgang bewundern?“, ein fragender Blick flog zu mir herüber.
Das war die charmanteste Art und Weise, mich zu fragen, ob wir uns näher kommen könnten, die ich je gehört habe. Ich nickte leicht und er schenkte mir ein tiefes Lächeln und einen neuerlichen Handkuss.
So überließ er scheinbar mir die Entscheidung, obwohl das ja von Anfang an klar war.
Ein Gentleman eben.
Nachträglich muss ich sagen, dass mich die Art, wie er mich ansah ein wenig erregte. Ich wurde neugierig auf ihn als Mann und Liebhaber.
Ich entschuldigte mich und verschwand, um mir die Nase zu pudern; hauptsächlich jedoch, um Lisa Bescheid zu geben, dass meine Anwesenheit länger gewünscht war, sicherlich sogar über Nacht.

Der Kellner verschwand diskret mit seiner Kreditkarte und wir nahmen sie wieder in Empfang, als wir das Hotel verließen. Sein Wagen, ein Leihwagen, war aus der gehobenen Preisklasse und wurde vom Portier vorgefahren.
Am Rücksitz lagen ein Blumengebinde aus Strelitzien und daneben eine sehr teure Bonboniere.
Er fuhr konzentriert und mit lässiger Nonchalance durch die abendliche Stadt, die Lichter der Boulevards spiegelten sich in den Scheiben und auf der Motorhaube. Wir sprachen beide kein Wort. Nur hin und wieder drehte er den Kopf seitwärts und schenkte mir ein sanftes Lächeln.
Als wir ausstiegen, nahm er die Blumen vom Rücksitz und auch die sündteure Bonboniere mit der roten Samtschleife und überreichte mir beides, mit einer eleganten Geste und küsste mich auf die Wange.
„Sie sind ein bezauberndes Wesen, sie sind eine Sylphide, eine Nixe, wie aus dem Meer entstiegen“, flüsterte er.
Das Haus lag wirklich auf einer Anhöhe, hatte eine breite Treppe nach oben und strahlte Noblesse und Geschmack aus. Doch offenbar war es ein Haus ohne Hausfrau, es machte einen sehr maskulinen Eindruck. Es fehlte die weibliche Hand und all die Kleinigkeiten, die Frauen eben so lieben.

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