Bericht eines außergewöhnlichen Mannes - Teil 1

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Bericht eines außergewöhnlichen Mannes - Teil 1

Bericht eines außergewöhnlichen Mannes - Teil 1

Alnonymus

Hallo, mein Name ist …. Nein, den kann ich ihnen leider nicht nennen, obwohl, oder vielleicht weil, ich im Folgenden mein größtes Geheimnis preisgeben werde. Auch bei den Angaben zu meinem Lebensweg möchte ich mich aus dem gleichen Grund bedeckt halten. Nur so viel: Ich wurde 1966 geboren, habe eine jüngere Schwester, und bin in einem Dorf in Norddeutschland aufgewachsen. In Norddeutschland habe ich auch nach Abitur und Wehrdienst, Anfang der 1980er Jahre mein Elektrotechnikstudium aufgenommen. Inzwischen lebe und arbeite ich allerdings schon seit einigen Jahrzehnten in einer schönen Ecke des Ruhrgebietes.

Ich bin gewollt kinderlos, denn ich habe es mir noch nie vorstellen können, meine Wünsche an sieben Tagen in der Woche, vierundzwanzig Stunden am Tag, den Bedürfnissen eines Kindes unterzuordnen. Dazu habe ich in meiner Freizeit ein zu großes Ruhebedürfnis, und vor allem ist mir meine Unabhängigkeit viel zu wichtig. So war bereits in jungen Jahren eine Sterilisation die logische Konsequenz. Trotzdem bin ich seit fast zwanzig Jahren glücklich verheiratet. Meine Frau und ich sind uns in Vielem sehr ähnlich, so leben wir unsere Bedürfnisse in großer Harmonie gemeinsam aus. Trotzdem wäre es sicherlich interessant gewesen zu erfahren, ob meine Kinder meine Fähigkeiten wohl geerbt hätten. Ich weiß, dass keiner in meiner direkten Familie diese hat, und auch sonst kenne ich niemanden mit meiner Veranlagung. Aber vermutlich werden alle davon betroffenen es genauso verschweigen, wie ich auch.

Sie werden sich sicherlich langsam fragen, was denn nun so besonders an mir ist. Nun, ich bezeichne mich als Suggestor, das heißt, ich kann anderen Menschen etwas einsuggerieren, und ihnen somit meinen Willen aufzwingen. Das Wort Hypnose habe ich absichtlich nicht benutzt, denn meine Fähigkeiten sind grundsätzlich anders. Ich kann niemanden in Hypnose versetzen, ihn so in seine verdrängten Erinnerungen eintauchen lassen, um ihn zu therapieren. Ebenso wenig bin ich kein Varietékünstler, der einen Freiwilligen in Trance versetzt, damit dieser dann gackert, weil er meint, ein Huhn zu sein, oder mit Genuss eine Zitrone isst, da er sie für zuckersüß hält. Okay, letzteres könnte ich auch, aber bei mir liegt die Sache doch komplett anders.

Wenn ich jemanden mit einem Suggestivblock versehe, ist er nicht in Trance. Niemand wird bemerken, dass ich ihn ‚behandelt‘ habe, wie ich es immer so schön nenne. Trotzdem bringe ich durch meine ‚Behandlung‘ die betreffende Person dazu, das zu tun, oder zu sagen, beziehungsweise nicht zu tun, oder zu sagen, was ich ihr vorgebe. Da ich die Person nicht in Trance versetzt, hält mein Suggestivblock, wenn ich ihn richtig und tief genug setze, das ganze Leben an. Dabei ist die Person der festen, unverrückbaren Überzeugung, dass alles aus eigenem Willen und Antrieb heraus geschieht, auch wenn das sonst niemals passieren würde. So könnte ich meinen Nachbarn dazu bringen, sein Haus in Neon-Pink zu streichen. Es würde ihn glücklich machen, und er würde es für die beste Idee seines Lebens halten, auch wenn er bisher diesen Farbton verabscheut hat. Das mal als kleines Beispiel für sie.

Entdeckt habe ich diese Fähigkeit mit Anfang Zwanzig, zu Beginn des zweiten Semesters, doch dazu später mehr. Sicherlich wird ihnen jetzt schnell klar, welche Möglichkeiten sich daraus ergeben. Nachdem sich der erste Schreck, oder besser gesagt, das erste Erstaunen, gelegt hatte, boten sich mir plötzlich einige auf den ersten Blick verlockende Wege. Jeder Kriminelle, oder jeder Spion, würde nach fünf Minuten mit mir nicht nur ohne Zögern alles gestehen, sondern auch seine Komplizen verraten. Nach deren Verhaftung würde es denen dann genauso ergehen. In kürzester Zeit könnten selbst mafiöse Strukturen und Spionageringe ausgehoben werden. Doch halt, was mich wie einen Helden erscheinen lässt, würde wohl schnell zu einem Alptraum werden. Jeder Kriminelle und jeder Spion würde mir nach dem Leben trachten, denn schließlich wäre ich die größte Gefahr für ihn. So müsste ich mein Dasein wohl bestens abgeschirmt irgendwo im Verborgenen fristen. Und was wäre mit den Menschen in meiner Umgebung? Jeder würde sich doch ständig fragen, ob ich ihn nicht beeinflusst habe. Mein Leben wäre vermutlich ein Albtraum.

Also was ist mit der Gegenseite? Naja, als Gangster tauge ich nun wirklich nicht. Dazu bin ich viel zu ehrlich, und mir fehlt jegliche kriminelle Energie. Außerdem müsste ich mich als erfolgreicher Verbrecher ständig meiner Konkurrenten und der Polizei erwehren. Ein derart stressiges Leben in einem zwielichtigen Milieu liegt mir nicht, und Macht ist nichts, wonach es sich für mich zu streben lohnt. Somit entfällt auch eine Kariere als mächtiger Firmenlenker, oder Herrscher. Ich liebe es eben beschaulich, mit der ein oder anderen kleinen Annehmlichkeit. Dies war mir sogar schon in den jungen Jahren bewusst, als ich meine Fähigkeiten entdeckte. Nie war ich den genannten Versuchungen erlegen, dazu war ich immer schon zu vernünftig. Ach ja, da ist dann natürlich noch die Sache mit dem Reichtum, wie der ein oder andere sicherlich gerade überlegt. Meine Frau und ich bewohnen eine huntertzwanzig Quadratmeter große Vierzimmer-Eigentumswohnung in einem wunderbar sanierten Altbau aus der Gründerzeit. Wir können zwei Mal im Jahr in Urlaub fahren, und brauchen ansonsten nicht jeden Euro zweimal umdrehen, wenn wir uns etwas gönnen. Auch fürs Alter legen wir dabei noch einiges zurück. Das reicht meiner Frau und mir.

Wir haben gemeinsam ein kleines Auto, fahren ansonsten mit dem Fahrrad, oder den öffentlichen Verkehrsmitteln. Oldtimer, teuren Schmuck, Luxusuhren, Antiquitäten, oder ähnliches, sind uns nicht wichtig, auch wenn wir allgemein nur hochwertigen Sachen kaufen. Wir sind das, was man sicherlich als gut situiert bezeichnet, vielleicht noch wohlhabend, aber auf keinen Fall reich. Doch mehr wollen wir nicht, dazu ist uns das, was man heute so schön als Work-Live-Balance bezeichnet, viel zu wichtig. Aber was macht man dann mit solch einer Fähigkeit wie meiner? Diese Frage habe ich mir damals auch gestellt, und bald eine Lösung gefunden. Immer schon haben mich Menschen und ihr Verhalten interessiert, und so ist es, kombiniert mit meinen Fähigkeiten, nur eine logische Entscheidung, mein Elektrotechnikstudium nach dem zweiten Semester hinzuschmeißen, und ein Psychologiestudium zu beginnen. Meine Familie ist natürlich schockiert, zumal ich ihnen die Gründe ja nicht nennen kann. Erst nach einer kleinen ‚Behandlung‘ finden sie meinen Plan gut. Bei der Gelegenheit erfahre ich dann auch, dass niemand sonst in der Familie meine Fähigkeiten besitzt. Natürlich haben alle meine diesbezügliche Frage anschließend einfach ‚vergessen‘.

Im Nachhinein betrachtet, ist es genau die richtige Entscheidung, denn so kann ich meine Fähigkeiten am besten einsetzen, ohne dass es auffällt. Schon während der Promotion, verschreibe ich mich der Traumatherapie, behandle hauptsächlich Menschen mit Angststörungen, und solche, die Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, wurden, oder andere einschneidende Erlebnisse hatten. Zu Anfang arbeite ich in Kliniken, doch seit etlichen Jahren habe ich eine Privatpraxis für ambulante Therapie, die in dem Klinikgebäude liegt, wo ich zuletzt gearbeitet habe, und auch heute noch tageweise arbeite. Oft sind es die schweren Fälle, doch meine Erfolgsquote liegt trotzdem bei hundert Prozent, meine Rückfallquote bei nahe null. Mein Vorteil ist, dass die Therapie nur zwischen mir und dem Patienten in einem abgeschlossenen Raum stattfindet. Dadurch kann ich bei der ersten Sitzung die Patienten mit einem kleinen Suggestivblock dazu bringen, mir ohne Hemmungen alles zu erzählen. Habe ich das dann analysiert, kann ich in den weiteren Sitzungen über einen schichtweise aufgebauten Suggestivblock eine Heilung herbeiführen. Kein Außenstehender bekommt davon etwas mit.

Natürlich wissen die Personen noch um ihre Probleme, oder traumatisierenden Erlebnisse, aber sie können nun damit umgehen, und ihr Leben befreit ohne diese Belastung fortführen. Dabei sind die Patienten bei mir vielleicht drei Monate in Behandlung, während sie woanders Jahre für eine nicht immer erfolgreiche Therapie benötigen. Es ginge bei mir sicherlich sogar noch schneller, aber auch jetzt sind meine Behandlungserfolge schon auffällig genug. Bisher habe ich mich immer mit meinem besonderen Gespür für Menschen herausreden können, und dem Ganzen so ein bisschen einen übersinnlichen Touch gegeben. Auf jeden Fall komme ich damit gut durch. Wer nun aber glaubt, dass ich mich wegen meiner Erfolge auf die gutbetuchten Privatpatienten konzentriere, den muss ich enttäuschen. Natürlich habe ich auch solche, doch ich bin der Meinung, dass jeder, unabhängig vom Geldbeutel, die gleiche Behandlung verdient, um ein beschwerdefreies Leben führen zu können. So behandle ich genauso Kassenpatienten, wie auch immer wieder Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht entsprechend versichert sind. Das alles hört sich jetzt nach einem richtig guten Menschen an, doch es gibt auch meine dunkle Seite. Okay, sie ist nicht wirklich tiefschwarz, sondern eher hellgrau, aber es gibt sie.

Denn obwohl ich, wie oben bereits erwähnt, nicht wirklich zum Gangster tauge, verschaffe ich mir, seit ich meine Fähigkeiten entsprechend entwickelt habe, immer wieder den ein oder anderen Vorteil. Schon während des Studiums bringe ich öfter Menschen dazu, mir Geld, beziehungsweise Sachen zu schenken, oder mir Dinge zu einem Spottpreis zu überlassen. Daran erinnern können sie sich hinterher nicht, oder halten es zumindest für eine wirklich gute Idee. Zweimal kann ich sogar Institutsmitarbeiter so ‚behandeln‘, dass sie mir danach die Prüfungsaufgaben überlassen, ohne sich dessen je bewusst zu werden. Beim Kauf meines Hauses findet mich der Vorbesitzer, ein älterer, sehr reicher Herr, nach einer kurzen ‚Behandlung‘ so sympathisch, dass er mir zwanzig Prozent Nachlass gibt. Wie auch der Makler, der die überwiesene Provision wenige Tage später abhebt, um sie mir bei einer Tasse Kaffee in Bar wieder zurückzugeben. Daran erinnert er sich aber nicht mehr, und sucht vermutlich heute noch nach seinem verschwundenen Geld. Das sind nur einige Beispiele der Aktionen, mit denen ich mein Leben etwas erleichtere, und den Geldbeutel schone.

Mein schlechtes Gewissen hält sich dabei in Grenzen, mache ich so etwas doch nur bei Menschen, die es sich leisten können, und den Verlust aus der Portokasse zahlen. Sonst würde ich das nie machen. Das Gleiche gilt auch für die großzügigen Spenden, die ich immer wieder für meine Therapien bekomme. Nach einer kleinen ‚Zusatzbehandlung‘ ist jede entsprechend wohlhabende Person gerne bereit, mir diesen Extraobolus zukommen zu lassen, wenn ich ihn, oder einen nahen Familienangehörigen, geheilt habe. Selbstverständlich nehme ich ihm nicht die Erinnerung an seine gute Tat, und selbstverständlich werden die Einnahmen auch von mir versteuert. Trotzdem bleibt noch genug für mich und meine Frau übrig. Sie sehen also, meine dunkle Seite ist tatsächlich eher grau als schwarz.

Etwas habe ich bisher jedoch noch nicht angesprochen, was ihnen vermutlich bereits die ganze Zeit im Kopf herumschwirrt, nämlich das Thema Sex. Auch hier ergeben sich durch meine Fähigkeiten ungeahnte Optionen, und bereits von Anfang an spielten sie tatsächlich eine nicht unbedeutende Rolle. Ob das Ganze jetzt meine mehr oder weniger dunkle Seite wiederspielgelt, das zu bewerten, überlasse ich allerdings ihnen. Dazu muss ich erzählen, wie ich meine Fähigkeiten eigentlich entdeckt habe, oder doch noch etwas früher anfangen. Meine erste Freundin habe ich so in der Pubertät, wenn mit ihr außer einigen Küssen und unsicheren Berührungen nichts läuft, wir uns nur vorsichtig zu entdecken beginnen. Mit meiner zweiten Freundin, vor und während der Abiturzeit, läuft dann bereits mehr, zumal sie ihre Jungfräulichkeit schon an ihren letzten Freund verloren hat, und nun mir zu meinem ersten Sex verhilft.

Doch die Beziehung hält nicht lange, und so habe ich zur Bundeswehrzeit meine dritte Freundin, Susanne, die ein wenig älter ist als ich. Da wir beide bereits Erfahrungen haben, sie jedoch erheblich mehr als ich, nimmt sie mich unter ihre Fittiche. Gemeinsam leben wir unsere Lust befreit und mit nur wenig Hemmungen aus. Susanne ist ein echt heißer Feger, aber ein wenig überdreht. Letzteres ist auch der Grund, weshalb das mit uns nicht von Dauer ist. Wir sind eben zu verschieden. Doch ich habe Glück, denn gleich in der ersten Studienwoche lerne ich auf einer Uniparty Claudia kennen, die ein Chemiestudium beginnt. Sie ist nicht nur charmant und attraktiv, sondern wir haben auch viele gemeinsame Interessen. Bald schon funkt es zwischen uns. Während ich eine kleine Einzimmerbude unter dem Dach habe, wohnt sie im nahegelegenen Studentenwohnheim.

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