Berührt

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Berührt

Berührt

Paul Magallas

„Gerade noch geschafft!“. Atemlos ließ er sich auf den Sitz fallen. Es war einer jener extrem heißen Tage im Sommer. Ihr Charme war, dass man so viel nackte Haut zu sehen bekam. Die Affenhitze nahm aber inzwischen vielen den Atem. Unter solchen Temperaturen auch noch auf den Bus spurten zu müssen, war zu viel. Deshalb war er jetzt nur froh, es geschafft zu haben, einen Platz zu ergattern, aufzuschnaufen. Reflexartig streckte er seine Beine aus – und wurde von einer unerwarteten Berührung irritiert. Ihm gegenüber eine Reihe weiter saß eine Frau, zu der der Fuß gehörte, den er achtlos touchiert hatte. Verdutzt schaute er auf und der unbekannten Frau ins Gesicht. Instinktiv zog er seinen Fuß sofort zurück und versuchte über ein Lächeln sich für seine Unachtsamkeit zu entschuldigen. Inzwischen war er hellwach. Alle Antennen waren auf Empfang gestellt und er schärfte seine Wahrnehmung.
Zunächst nur mit den Augen fokussierte er auf den Frauenfuß: Nackte, schöne Zehen an einem schlanken Fuß in einer orientalischen Sandale nahm er wahr. Ihm gefiel, was er sah. An der Reaktion in einer anderen Körperregion merkte er, dass das offenbar nicht nur ein optischer Reiz war. Es zog ihn zu diesem Fuß – und damit natürlich zu seiner Besitzerin. Hatte er zu lange und auffällig auf ihren Fuß gestarrt? Es kam Bewegung in die Zehen, die Frau veränderte seine Position, nicht viel, aber doch wahrnehmbar. Er schaute wieder nach oben. Ihm begegnete ein unvergleichlich offener Blick. In ihm lag nüchterne Wahrnehmung, Staunen und gleichzeitig eine Art Einladung, sich in den Blick dieser faszinierenden Augen fallen zu lassen. Er nahm die Einladung nur zu gern an und hielt ihrem Blick stand. Wieder nahm er eine leichte Veränderung des Fußes wahr – wieder auf ihn zu. Sein Blick ging auf und ab. Es begann ein stummer Dialog, in dessen Verlauf sich die Gesichtszüge beider lockerten.

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