Leonie fühlte sich unwohl, als sie an Mamas Seite das Klassenzimmer betrat. Frau Schramm saß an ihrem Schreibtisch, wo sie die letzten Erörterungen korrigierte. Leonie dachte aber weniger an ihre eigene Arbeit, die sogar ganz passabel ausfiel. Der heutige Besuch hatte einen anderen Grund, der dem 18-jährigen Mädchen sehr unangenehm war. Sandra Behrens blieb stehen, während ihre Tochter in einer der Schulbänke Platz nahm. Leonies Mutter wusste nicht, weshalb Frau Schramm sie sprechen wollte. Leonie rutschte nervös auf ihrem Sitz, als ihre Klassenlehrerin für Aufklärung sorgte.
„Sie fragen sich gewiss, weshalb ich sie herbestellt habe? Nun, es gibt mehrere Gründe dafür, Frau Behrens. Leonie fällt seit längerem durch diverse Regelverstöße auf, die ich nicht länger tolerieren möchte. Sie stört den Unterricht, kommt zu spät, wurde wiederholt beim Abschreiben oder mit Spickzetteln erwischt. Das wäre alles noch im Rahmen des Ertragbaren, aber vor wenigen Tagen kam sie mit einem Springmesser zum Unterricht. Leonie hat damit ein anderes Mädchen bedroht. Ich habe diesen Vorfall noch nicht bei der Schuldirektion gemeldet, da Leonie ein Schulverweis droht!“
Die Lehrerin legte ein gefährlich anmutendes Springmesser auf den Schreibtisch. Es gehörte zu der Sorte, die in Deutschland seit langem nicht mehr verkauft werden durften. Leonie hatte damit vor Anja herumgefuchtelt, ohne sie verletzen zu wollen. Trotzdem konnte Frau Schramm so ein kindisches Verhalten nicht tolerieren, das zudem noch sehr gefährlich war. Leonies Mutter strich sich mit einer übertriebenen Geste durch die Haare. Gekünstelte Verzweiflung stand in ihrem Gesicht.
Es herrschte eine gespenstische Stille, die nur durch das gelegentliche Seufzen Sandras gestört wurde. Frau Schramm betrachtete Leo, die mit knappen Shorts und weißer Bluse in der Bank hockte.
Besuch bei der Lehrerin
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