Lange war sie nicht mehr geblieben. Etliche Männer waren noch auf sie zugekommen und meinten, sie wäre "Das Beste des Abends" gewesen. Es schmeichelte ihr, aber es war ihr auch peinlich. Sie war randvoll von allem und konnte nichts mehr aufnehmen.
Nun lag sie auf ihrem Bett und starrte an die Decke. Was war geschehen? Sie konnte es noch niemandem erzählen. Die Eindrücke waren zu frisch und unklar.
Sie erinnerte sich: als sie sich aufsetzte, um ihre Kleider aufzusammeln, hatte sie dicht hinter sich eine Kameralinse erblickt, diese musste von einem versteckten Winkel aus alles aufgenommen haben. Der Mann war schnell verschwunden, er musste ganz nah an ihrem Gesicht gewesen sein, Großaufnahmen in voller Aktion... Oh nein! War der privat gewesen - oder von einem Sender? Im Saal waren noch mehr Kameraleute unterwegs, was Esperanza nun so langsam registrierte. Warum hatte sie es nicht vorher bemerkt? War sie so sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, dass sie gar nichts mehr wahrnehmen konnte? - Es war nun mal so, und nicht mehr zu ändern. Sie konnte nur hoffen, daß sie sich demnächst nicht selbst in irgend einem Sex Journal im TV wiederfand und morgens beim Brötchenkauf "rote Ohren" bekam...
Ihr fiel wieder der Engel ein - wie war noch sein Name? - Raphael - So hieß doch ein Engel in der Bibel, oder? War er nicht einer der Erzengel? Was das wohl zu bedeuten hatte...
Letzte Nacht hatte sie kaum geschlafen. Wilde Träume, die ihrer Erinnerung entglitten waren, hatten sie sich hin und her wälzen lassen. - Und dann am Arbeitsplatz - Immer wieder saß sie einfach nur da und ihr gingen Szenen des Abends durch den Kopf, sie malte sich alles noch mehr aus. Dass eine erfüllte Phantasie solch eine Flut von neuen, noch wilderen auslösen konnte, hatte sie nicht erwartet.
Blick in den Spiegel
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