„Sehr lecker!“, fand ich und Anna stimmte mir zu.
„Hast eine gute Wahl getroffen, wirklich besser als das Zeug von gestern!“, meinte sie und lachte leise.
„Das hört sich irgendwie gemein an!“, warf ich ihr vor doch Anna kicherte vor sich hin.
„Sie haben es verdient. Wenn sie wüssten, wie mein Testament aussieht, würden sie gar nicht mehr kommen. Das ist eigentlich das Einzige, was sie interessiert. Ich glaube, wenn meine verlotterte und gierige Verwandtschaft das wüsste, wäre ich auch gestern alleine gewesen!“
„Du magst sie wirklich nicht, habe ich recht?“
Anna nickte und bestätigte mir meine Annahmen von zuvor.
„Ich weiß nicht, wie meine Töchter so geworden sind, ich habe es ihnen nicht beigebracht. Vielleicht von ihrem Vater. Geldgierig, egoistisch, selbstverliebt. Das haben sie nicht von mir. Das Einzige was uns verbindet ist eine einzige Leidenschaft!“, ließ Anna aus, wusste sicher, dass ich neugierig danach fragen würde.
„Und? Darf ich fragen, was das ist?“, hakte ich nach, erfüllte damit ihre Absicht.
„Klar, auch wenn dich meine Antwort überraschen wird!“
„Ich werde damit zurechtkommen!“, war ich mir sicher und forderte sie damit indirekt dazu auf, es mir zu sagen.
„Na gut, du hast es nicht anders gewollt!“, sagte sie, legte eine kleine Pause ein, als wenn sie damit die Spannung auf die Höhe treiben wollte.
„Schwänze!“, platzte es auf einmal aus ihr heraus und ich sah sie erstaunt an.
„Die von Männern?“, konkretisierte ich, um mir sicher zu sein, dass sie gesagt hatte, was ich meinte.
„Ja, von wem sonst? Ich interessiere mich für sie, mag sie. Leider komme ich zu selten dazu, sie zu studieren. Du weißt schon. Ich kann sie nicht sehen, Pornos bringen mir nichts, ich höre höchstens dumme Dialoge und Gestöhne, sonst nichts und es kommt selten vor, dass ich meiner Leidenschaft frönen kann. Wie du dir sicher vorstellen kannst, sind Männer in meiner Anwesenheit oft gehemmt, können mit meiner Situation nicht umgehen. Dass ihr das starke Geschlecht seid, kann ich daher nicht bestätigen!“
„Es ist auch nicht leicht!“, bestätigte ich und Anna lachte.
„Wieso? Ich bin eine Frau, nichts anderes, habe Arsch, Titten und eine Vagina, es ist nichts anderes an mir dran, als an anderen. Ich kann lediglich nichts sehen. Bin ich damit ein anderer Mensch, ein Wesen aus einer anderen Welt? Nein, bin ich nicht. Ich habe dieselben Bedürfnisse wie jeder andere auch, sehnte mich nach menschlicher Wärme, nach Zugehörigkeit, vielleicht sogar mehr als andere. Und ausgerechnet mir wird es oft verwehrt. Wenige halten mich einfach fest, sind meinetwegen hier. Einfach nur um Gesellschaft zu haben!“
Es hörte sich verbittert an, auch ihre Mimik drückte es aus. Ich fühlte mich in gewisser Weise schuldig, hatte nie darüber nachgedacht. Jetzt konnte ich mir vorstellen, wie es vielen, gerade behinderten Menschen ging. Auch wenn ich das Wort hasste. Sie waren nicht behindert, sondern höchstens eingeschränkt. Eben anders als die meisten, trotzdem Menschen mit denselben Gefühlen und Bedürfnissen, wie jeder andere auch. Ich wusste nicht, wie ich es ausdrücken sollte. Alles klang irgendwie falsch. Mir steckte ein Kloß im Hals, und ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Jede Antwort hatte einen schlechten Beigeschmack. Anna half mir jedoch aus der Klemme in sie sie mich gebracht hatte. Ich war mir sicher, dass sie sich darüber bewusst war. Sie hatte ein feines Gespür dafür entwickelt.
Fortsetzung erwünscht
schreibt Steinlaus
Fortsetzung erwünscht
schreibt Lucky