Es gab Bandenkriege in New Orleans. Es gibt sie noch immer. Zwei Killer stürmten neulich den Razorblade-Club und feuerten achtzehn Schüsse auf Mister Razor ab. Keine einzige Kugel traf ihn. Entweder waren die beiden Killer stockblind oder Mister Razor ist der Tod persönlich. Jetzt sitze ich hier in meinem alten Pontiac, der direkt vor dem Razorblade-Club geparkt steht. Ich habe vor, mich mit dem Tod anzulegen. Ich beabsichtige, Miranda aus den Klauen dieses Mister Razor zu befreien. Warum eigentlich? Miranda ist dem schwarzen Riesen längst mit Haut und Haaren verfallen. Miranda ist nur noch Mister Razor`s Handpuppe, ein weiteres Sex-Spielzeug in seiner Sammlung. Ein letztes Gebet murmelnd starre ich auf das große statuarische Gebilde, das über dem Eingangstor zum Razorblade-Club thront: Die lebensgroße Nachbildung einer surrealen, perfiden Szene... ein nacktes Mädchen, das nur mit einem Stetson und mit Cowboystiefeln bekleidet ist. Dieses Mädchen reitet auf einer überdimensional großen Rasierklinge, in einer Pose, als würde sie auf einem elektrischen Bullen reiten. Keine Ahnung, wie die das so lebensecht hingekriegt haben. Wahrscheinlich ist das Mädchen eine Wachspuppe. Würde mich aber auch nicht wundern, wenn sie echt und ausgestopft wäre. Die riesige Rasierklinge, auf der das Mädchen reitet, ist aus echtem, messerscharfen Stahl. Einmal löste sich die Konstruktion aus der Verankerung und erschlug den damaligen Bürgermeister, als der eines Nachts aus dem Club getaumelt kam. Sicher kein Zufall.
Ich grabsche mit meiner kaputten, bandagierten Hand nach meinem Revolver und vergewissere mich meiner letzten zwei Patronen, die in der Revolvertrommel auf der Lauer liegen. Ich steige aus dem Wagen und schon auf dem Weg zum Eingangstor des Clubs spüre ich ein Kraftfeld, das mir fast den Schädel sprengt. Hinein komme ich in diesen Club auf jeden Fall. Hinein kommt jeder zahlende Gast, der Lust auf ein bischen Perversion hat. Aber komme ich auch wieder `raus? Und falls ja, in welchem Zustand? Als ich vor dem Eingangstor zur Hölle stehe, halte ich einen Moment lang inne und sehe zur Rasierklingen-Reiterin auf. In diesem Moment wünsche ich mir beinahe, sie würde auf mich herunterstürzen. Ich wünschte, sie würde auf ihrer Rasierklinge einfach über mich hinwegreiten, wie damals über den alten Bürgermeister. Doch Sie bleibt, wo sie ist. Aus dieser Nähe sieht die Rasierklingen-Reiterin aus, wie ein schockgefrorener Fiebertraum. Ich reiße meinen Blick von ihr los und betrete den Club.
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