Blue Movie

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Viktoria Tsiffa

Ich werde, wie durch eine allmächtige Kraft getrieben, durch den Club gelotst. Meine bandagierte Hand fuchtelt sich durch Perlenvorhänge und dicke Opiumschwaden. (Die Nutten hier sind alle opiumsüchtig.) Wie im Haarem eines Hollywoodfilms sitzen und liegen sie überall herum. Feuchte, fleischgewordene Träume unserer Lust. Stellen Sie sich alle dunklen Amazonen vor, die Sie kennen! Tina Turner, Grace Jones, Pam Grier, Foxy Brown... Nehmen Sie von jeder das Beste und basteln Sie sich daraus Ihre Traumfrau. Fertig? So! Hier sieht jedes Mädchen so aus wie eine sexuelle Obsession. Nein, noch viel besser! Klar. Hier gibt`s auch weiße Nutten. Jede einzelne hat die edlen Gesichtszüge einer russischen Zarin oder einer englischen Prinzessin. Diese Miezen hier haben Techniken drauf, die dich in eine wandelnde Ganzkörper-Erektion verwandeln. Dein Verstand verdampft unter all der Hitze und du löst dich auf in einem kosmischen Orgasmus. Dein persönlicher, kleiner Urknall. Danach bist du ein krankes, perverses Universum. Du willst immer mehr. Das schwarze Loch deiner Seele verschluckt alle Energie, bis du dich letztendlich selbst auffrißt. Das geschieht hier mit dir. Das geschieht irgendwann mit unserem Universum. Das geschah längst mit mir. Jetzt nur nicht melancholisch werden. Ich halte Ausschau nach Miranda. In meiner schmutzigen Fantasie sehe ich zwei oder drei notgeile Ölbarone an ihrer zarten Haut herumfingern. Ich habe keine Lust darauf, Mister Razor zu begegnen. Noch immer klammere ich mich an meinen Plan, Miranda heimlich zu kidnappen und mit ihr still und leise durch eine Hintertür zu verduften. Aber eigentlich glaube ich nicht mehr daran. Genauso wenig, wie an den Weihnachtsmann. Wie ferngesteuert tapse ich durch das Labyrinth des Clubs, vorbei an unvorstellbaren Sex-Orgien, die hier überall im Gange sind. Abgelenkt von all dem Fleisch, merke ich zu spät, dass ich bereits vor ihm stehe. Da kauert er auf seinem Thron, wie ein Puma, der zum Sprung bereit ist. Der Herrscher des Fleisches und der verlorenen Seelen: Mister Razor. Nackt und nachtschwarz, wie der Teufel ihn schuf, sitzt er tatsächlich auf einer Art Thron. Er wirkt bedrohlich, klar... (trotz, oder gerade wegen seiner Nacktheit) - aber er ist nicht annähernd so riesig, wie in all den Stories und Legenden. Um ihn herum, nur Edelmiezen. Beinahe schnurrend schmiegen sich die Mädels um ihn herum. Er könnte sich jetzt, so ganz nebenbei, über jeden seiner elf Finger eines der Mädchen stülpen und jede würde vor lauter Wollust platzen. Mister Razor`s Leibwächter stehen strategisch gut verteilt um ihn herum. Diese Jungs würden mich mit bloßen Händen in Stücke reißen. Also ziehe ich meinen Revolver gar nicht erst. Ich spare mir die letzte Kugel für mich selbst auf. Um mich zu töten, bevor mir hier drin schlimmeres passiert. Mister Razor lächelt sein Rasierklingen-Lächeln. Hat mich gerade wer fotografiert, oder blendet mich nur das gleißende Weiß seiner Zähne? Sein Blick entzieht mir Lebensenergie. Die Luft hier drin kann man beinahe trinken. Atmen kann man sie nicht. Man wird mich mit Wasser in den Lungen in einem Kofferraum verfaulend finden. Wie aus einer anderen Welt dringt seine tiefe Stimme durch den feuchtschwülen Dunst.

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