Blue Movie

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Viktoria Tsiffa

Während ich all diese Ereignisse vor mir sehe, wird mir plötzlich klar, dass ich doch nicht nur stiller Beobachter bin. Ich bin das Ereignis. Ich bin der warme Nachtwind, der sachte über heiße Körper nackter Voodoo-Priesterinnen streift. Ich bin der brennende Himmel über einer gottverlassenen Insel. Ich bin das Dunkle in den Augen der besessenen Tänzer. Ich bin der Rythmus dumpfer Trommelschläge. Ich bin das Marmor-Mädchen und zugleich Baron Zamedi.
Nach allen Voodoo-Ritualen ist es plötzlich schwärzeste Nacht um mich herum. Und so bleibt es auch. Dunkel. Es wird einfach nicht mehr hell.
Ich wache auf aus diesem Traum. Schweißgebadet. Mit einer ultraharten Erektion. Und ich weiß einfach nicht wohin damit.
Schwärzeste Nacht. Noch immer. Es wird einfach nicht mehr hell da draussen. Möglicherweise hat sich die Sonne dazu entschieden, nicht mehr für uns zu scheinen. Wir sind ihr Licht und ihre Wärme auch nicht wert. Die Sonne sieht auf uns herab und sieht, dass wir nur Bestien sind. Also scheint sie nicht mehr für uns. Die Sonne. Dunkelheit. Flackerndes Neonlicht von draussen frißt sich durch die heruntergelassenen Jalousien und schneidet mit nervös schwirrenden Lichtschwertern mein Hotelzimmer in kleine Stücke. Mein Hotelzimmer. Das klingt jetzt ziemlich positiv. Zimmer klingt irgendwie zu... wohnlich. Die Wahrheit sieht so aus: Ich vegetiere in einem Schuhkarton vor mich hin. Körper und Geist schrumpfen, um sich dieser Behausung anzupassen. Ich wohne in einem Hotel, das aus übereinandergestellten Schuhkartons besteht. Die Wände sind dünn. Ich kann meine Nachbarn denken hören. Üble Gedanken. Menschen sind Bestien. Und möglicherweise bin ich die schlimmste Bestie von allen.
Ich liege auf meinem Bett und starre an die rissige, verfaulte Zimmerdecke. Ich liege einfach nur da, in meinem durchgeschwitzten, zerknitterten Anzug und warte darauf, dass Zeit vergeht. Vielleicht kann ich meine Probleme einfach aussitzen. Aber die Zeit vergeht nicht. Sie ist stehengeblieben oder verlorengegangen oder einfach nur geschmolzen und versickert in der Hitze. Hochsommer. Oder vielleicht bin ich schon in der Hölle. Ein Ventilator auf dem Nachttisch summt seinen unverständlichen, monotonen Sermon, flüstert unsinnige Worte und verwirbelt warmen Mief.

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