Blumendienste

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Blumendienste

Blumendienste

Wulff Triebsch

Ich versuchte, mich mit allerlei unsinnigen Beschäftigungen im Haus von meinen Sehnsüchten abzulenken, und fand erst wieder in die Wirklichkeit zurück, als ich das Öffnen der Haustür hörte. Mein Mann blieb mitten im Wohnzimmer erschrocken stehen, als er den Blumenstrauß auf dem Tisch sah und mich nur mit einem Bademantel bekleidet daneben.
„Woher hast du diese Rosen“, wollte er wissen.
„Die sind heute Nachmittag vom Blumendienst gekommen“, antwortete ich schnippisch und küsste eine der Rosenblüten.
„Wer hat sie gebracht?“, fragte er.
„Manuel“, antwortete ich. „Ein netter junger Mann mit Lockenkopf und hellen Augen.“
Ich sah, wie er rot anlief und zum Haus unserer Nachbarin hinüberblickte. „Wieso hat er dir die Blumen gebracht?“, meinte er in ruhigem Ton und schüttelte den Kopf. „Sie waren für Anja drüben bestimmt. Anjas Mann wollte seine Frau damit überraschen. Ich habe das für ihn organisiert. Diese Idioten vom Blumendienst haben offenbar Rechnungsadresse und Lieferadresse verwechselt“, versuchte er sich herauszureden.
Ich grinste ihn höhnisch an. „Und was ist das hier für ein Brief mit deiner Handschrift?“ Ich hielt den roten Umschlag hoch, zog das Blatt Papier heraus und las vor: „Erzähl mir, ob er dich zufriedengestellt hat, und wie. Dann komme auch ich mit Blumen zu dir. Denn in eine Vase passen auch zwei Sträuße – du weißt, was ich meine.“ Ich faltete den Brief zusammen und warf ihn meinem Mann vor die Füße. „Manuel hat mir erklärt, was du damit gemeint hast.“
Er rang nach Luft und lief wutschnaubend im Wohnzimmer auf und ab. Dann blieb er vor mir stehen und musterte mich. Er musste sehen, dass ich außer dem Bademantel nichts trug. „Hat er dich etwa … habt ihr beide… ich meine, dieser junge Kerl und du ...“
„Ja!“, erklärte ich und machte eine rhetorische Pause. „Er hat mich zwei Mal zufriedengestellt, und mich mit seiner jugendlichen Manneskraft durchgevögelt, wenn du das besser verstehst.“ Er atmete mehrfach tief ein und aus, ließ sich in einen Sessel fallen und schüttelte stumm den Kopf. „Diese Idioten vom Blumendienst…“ flüsterte er vor sich hin und hüllte sich in Schweigen; starr war sein Blick auf das Haus unserer Nachbarin gerichtet.
„Manuel wird mir jetzt öfter Rosen bringen“, erklärte ich und machte eine Pause. „Und mein Bedarf an Blumensträußen ist zurzeit groß.“ Ich stand auf, schritt ins Schlafzimmer, raffte ein Oberbett und ein Kissen mit meinen Händen zusammen und brachte sie ins Gästezimmer. „Damit du’s weißt: Ich schlafe ab jetzt im Gästezimmer.“
Sorgfältig richtete ich hier mein neues Nachtquartier ein, vergewisserte mich, dass im Schrank ausreichend Handtücher griffbereit lagen, große Handtücher, die ich doppelt falten konnte, wenn ich Manuel hier empfing. Auf das Nachtkonsölchen neben meinem Bett stellte ich die Vase mit dem Rosenstrauß, den ich lange betrachtete. - Irgendwann, so sagte ich mir, würde ich auch den Mut aufbringen, einen zweiten Blumenstrauß zu bestellen.

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