Bombenentschärfung

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Bombenentschärfung

Bombenentschärfung

Wulff Triebsch

Als wir wieder zur Party gelangt waren, bemerkte ich sofort, wie leer es auf der Tanzfläche geworden war. Viele standen in einem abgedunkelten Raum vor einem großen Bildschirm, auf den alle starrten.
Auch wir warfen einen Blick darauf. Ein Mann und eine Frau waren zu sehen, die sich leidenschaftlich paarten. Der Mann drang in die Frau ein; ein Stoß folgte dem nächsten. Er wurde heftiger, der Leib der Frau zuckte nur noch. Zuletzt schüttelten sich beide und blieben reglos übereinander liegen.
Erst jetzt betrachtete ich den Bildschirm genauer. Darauf war ein fensterloser Raum zu sehen, in der Mitte die Liege erkannte ich sofort wieder und die Handtücher mit dem Muster einer nackten Frau, die ihre Beine spreizte, auch. Im gleichen Raum waren Claudia und ich auch gelandet. - Verdammt, wieso hatte ich die Kamera nicht bemerkt. Der Gedanke, ja die Gewissheit, dass die Leute auch verfolgt hatten, wie ich es mit Claudia dort getrieben hatte, ließ mich erschaudern.
„Nur den hinteren Raum aufzulassen, ist wirklich eine großartige Idee“, hörte ich eine männliche Stimme neben mir. „Das Schild Videoüberwacht übersehen die alle.“ - „Kann sich auch keiner beschweren“, meinte sein Nebenmann.
„Das ist geiler als die schärfste Show hier im Nachtclub“, meinte ein anderer Mann.
„Aber die beiden vorhin waren deutlich besser als die hier“, erklärte jemand neben uns. „Vor allem die Frau mit der roten Jacke und den Ohrringen. So was Geiles haben wir hier noch nicht erlebt. Die hat Talent.“ - „Oder die macht das professionell“, meinte der Nebenmann.
Ich spürte Claudia, die sich an mich drängte, ihre Hand, die meine fest umschlossen hielt. Ich strich ihr beruhigend darüber und beugte mich zu ihr. „Nimm deine Ohrringe ab und zieh die rote Jacke aus! Dann wird man dich nicht wiedererkennen.“ Claudia zog mich zur Seite. Die Jacke knüllte sie mit beiden Händen zusammen und verstaute ihre Ohrringe rasch in ihre Handtasche.
Wir eilten zum Ausgang, rannten quer über den Parkplatz zu meinem Wagen und atmeten erst auf, als wir die Autotüren hinter uns zugezogen hatten.
Claudia starrte während der Fahrt schweigend geradeaus auf die Straße, bis wir unsere Stadt erreicht hatten. Sie bat mich, weit vor ihrem Haus anzuhalten, um sie aussteigen zu lassen. Niemand brauchte zu sehen, wer sie nach Hause brachte. Kein Abschiedskuss, kein Händedruck, nichts. Sie stieg einfach aus, ging ein Stück dem Bürgersteig entlang und bog in eine Seitenstraße ein, wo sie meinen Blicken entschwand.

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