Als intelligenter, zupackender Mensch, der in seinem Beruf ständig agieren und entscheiden musste, wäre er geistig verdorrt, verkümmert, ausgetrocknet, in Depressionen verfallen, wenn er sich nicht eine Ersatzbefriedigung verschafft, hätte. Er entdeckte diese neue, faszinierende Welt der Kunst aus reiner Langeweile. Doch dann verfiel er ihr regelrecht. Am Anfang besorgte er sich Bücher, abonnierte Zeitschriften, las einschlägige Artikel, verfolgte Sendungen im Fernsehen, später durchforstete er vornehmlich das Internet und eignete sich so ein beachtliches Wissen an. Als er merkte, dass ihn dieses Feld und die Beschäftigung interessierte, beschloss er das, was als Ablenkung und Hobby geplant war, zu seinem neuen Beruf zu machen, denn es blieb nicht aus, dass er auch hier die Fähigkeiten einsetzte, die er im Beruf erworben und perfektioniert hatte. Dieses neue Möglichkeit seine in langen Jahren erworbene Fähigkeiten wieder einzusetzen, war wohl auch der wahre Grund, warum er sich auf diesem neuen Gebiet so intensiv betätigte. Es war nicht nur die Kunst an sich, die ihn fesselte, nicht nur der ästhetische Genuss oder die Freude an einem perfekten Kunstwerk, sondern Kunst als Wirtschaftsfaktor, der Handel mit Kunst. Mit der Zeit gelang es ihm, in den Dschungel des Kunstmarkts einzudringen und der internationale Kunsthan- del wurde sein Spezialgebiet, weil ihn dessen kriminelle Aspekte in hohem Maße faszinierten. Das war kein Wunder, denn auf dem weiten Feld illegaler Machenschaften besaß er reichlich eigene Erfahrung. Und so war es auch nur folgerichtig, dass er das Feld der grauen Theorie bald verließ. Ausgestattet mit reichlich Kapital, um im oberen, lukrativsten Segment des Kunstmarkts einzusteigen, begann er zu kaufen, immer nur über das Internet, von Galerien, von den Künstlern oder telefonisch bei Auktionen.
Shibari
schreibt N8Dreams