Bück dich!

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Bück dich!

Bück dich!

Anita Isiris

Ich ging hinter Tim die Treppe hoch. Lift gab es keinen. Tim schloss eine Tür auf, die in den Angeln quietschte; wir befanden uns in einer kleinen, nahezu leeren Wohnung mit lindgrünen Tapeten. Ich sah an mir herunter. Würde ich mich so vor seiner Kamera zeigen können? Licht... Schatten... ich trug einen langen blauen Rock, der meine Figur zwar betonte, aber nicht gleich so, dass sich auf der Strasse alle umdrehten. Und ausserdem: Brüste hat schliesslich jede Frau, Schenkel auch, aber eben. Männer. "Gehen wir erst mal nach hinten?". Tim war sichtlich aufgeregt. Ich hatte mich schon malen lassen, war in einer Kunstakademie Modell gestanden, aber das hier war für mich Neuland. Wie würde er sich anstellen? Ich hatte überhaupt nichts los in den nächsten drei Stunden und stand ganz zu seiner Verfügung. "Könntest Du mal ans Fenster stehen? So. Ja, ganz genau." Tim fokussierte und knipste, fokussierte und drückte erneut auf den Auslöser. "Geht das so, mit meiner Frisur, ich meine..." "Ich mag es, wenn Du Dein Haar offen trägst; das Licht scheint da richtiggehend durch, super." Ich spielte ein wenig mit meinem Haar und löste den Knoten. Tim war begeistert, als es mir über die Schultern fiel. Das Fenster war unterteilt in sechs kleine Scheiben; das Licht war milchig und füllte den Raum. "Beweg Dich gegen die Raummitte." Ich tat wie geheissen, und wiegte mich in den Hüften. "Genial, ja, richtiggehend genial. Du zeigst Dich wohl gern, was?" "Geht so", sagte ich, "geht so." Wie war das damals gewesen mit dem Malen? Erst hatten sie mich gebeten, mich so zu geben, wie ich bin. Angezogen natürlich. "Dreh Dich etwas zur Seite... wir benötigen Dein wundervolles Profil... danke." "Anita, weißt Du, Dein Oberkörper soll zur Geltung kommen; es ist wohl besser, wenn Du Dich ausziehst.

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Gedichte auf den Leib geschrieben