Seinen Kaffe schlürfend taxierte er sie und ordnete sie in sein bewährtes Wo-gehört-wer-hin-Schema ein. Sie war mit Sicherheit eine Business-Woman, eine Karrierefrau. Erst vermutete er Bank, so zweite, dritte Ebene, doch dann entschied er sich für Einzelhandel. Abteilungsleiterin für Damenkonfektion in einem besseren Bekleidungshaus oder Inhaberin einer angesagten Edelboutique in der Altstadt. Jedenfalls musste sie in einer Position sein, die ihr ein ausreichendes Einkommen sicherte. Ausreichend für ihren exquisiten Geschmack und das formidable Lokal.
Den Cognac süffelnd registrierte er sehr genau, was und wie viel sie sich vom Büffet holte. Es war seiner Meinung nach viel zu wenig für das viele Geld. Und erst recht viel zu wenig für eine derart stattliche Frau. Sie nahm immer nur ein paar Kinderhappen, aber, so musste er anerkennen, eine überlegte Auswahl in perfekter Abfolge. Auf ein Fischpastetchen als Entrée folgte ein Löffelchen Bouillabaisse, dann eine Kombination exotischer Salatträume, garniert mit einem Hauch Carpaccio, schließlich noch einige Tapas und Antipasti. Als Hauptgericht wählte sie ein Häufchen buntes Gemüsegratin mit einem Handteller großen, blutroten Kobe Beefsteak an einer gefährlich grünen, höllisch scharfen Wasabisauce. Er wusste, wie delikat, zart und scharf das Fleischgericht war, denn er hatte es auch gekostet. Über eine Sache wunderte er sich allerdings, über ihre Getränkewahl. Sie hatte weder einen schweren Grand Cru aus Bordeaux noch eine leichte, edle Riesling Spätlese bestellt sondern lediglich ein Fläschchen Rokko No Mizu geordert, ein höchst exklusives, unverschämt teures Mineralwasser aus Japan, er erkannte es am Etikett, obwohl er sich diesen Luxus noch nie geleistet hatte, nur dies Wässerchen passend zu Koberind und Wasabi, sonst nichts.
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