Carlotta kommt mir drauf

Peep - Das Haus der 80 Augen

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Carlotta kommt mir drauf

Carlotta kommt mir drauf

Reinhard Baer

Carlotta schnappte nach Luft, drehte auf den Hacken um und ging zügig zum Ausgang. Schon in der Tür rief sie, ohne sich umzudrehen: „Du hörst von mir!“ Und dann war sie weg.
Ich war irritiert, verstört, in Aufregung. War das eine Drohung?

Ich ging meine Optionen durch: Selbstanzeige, verschwinden lassen aller Beweise? Mir wurde schnell klar, dass beides keine Option war. Ich würde vielleicht die zentrale Technik im Regieraum bis zum nächsten Tag verschwinden lassen können, aber nicht annähernd 90 Kameras im ganzen Haus. Ich musste abwarten und darauf vertrauen, dass Carlotta eine gute Entscheidung traf.

Carlotta trifft eine Entscheidung

Der nächste Tag war schrecklich. Auf der Arbeit hatte ich das Gefühl, alles durch eine Milchglasscheibe wahrnehmen. Wie ein Zombie ging ich schematisch meiner Arbeit nach. Meine Kollegen ließen mich schnell in Ruhe, als sie merkten, dass mit mir heute nichts anzufangen war. Was würde der Tag noch bringen? Wäre die Polizei schon bei der Hausdurchsuchung, wenn ich nach Hause komme?
Endlich war Feierabend. Ich setzte mich ins Auto und fuhr nach Hause. Alles ruhig vor dem Haus und auf den Fluren. Ich wurde ruhiger. Ich ging sofort in den Keller. Schaute in den Briefkasten an der Kellertür, in den die Hausbewohner ihren Verwaltungskram warfen, wenn sie mich nicht im Büro antrafen.
Ein kleiner Zettel. Ohne ihn aufzufalten, betrat ich erst das Büro, schloss hinter mir ab und ließ mich auf den Bürostuhl fallen. Ich faltete den Zettel auseinander und las:

„Ok, ich sage nichts. Drei Bedingungen:
1. Alle Aufnahmen von mir wirst du vernichten
2. Die Kameras in meinem Appartement werden stillgelegt
3. Ich will mitmachen …

C.“

Forderung 1 und 2? Ok, geschenkt. Das war nur zu verständlich, aber was bedeutete die dritte Forderung? Das würde sie sicher noch präzisieren.

Ich vertiefte mich erst mal in Bürokram. Wie im Flug verging dabei die Zeit. Gegen 17.00 Uhr stand Carlotta in der offenen Tür meines Büros: „Hi“, sagte sie nicht unfreundlich, während sie hereinkam und hinter sich die Tür ins Schloss fallen ließ, „wir brauchen doch bei unserer Besprechung keine Zeugen oder?“ Sie grinste.

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