Chaos

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Ich bin gefangen in vier Wänden, gefangen in der Ordnung meines Geistes, in dem kein Platz für das Chaos ist. Ich bin gefangen in Strukturen, die so gerade verlaufen, wie der Schienenstrang einer Eisenbahn. Gedankenstraßen, die sich so Jahr an Jahr klarer als klar aneinander reihten und sich immer weiter ergänzen. Ich rattere takatitak den Weg meines Lebens entlang. Alles vorher bestimmt, kein Recht auf Umkehr, ja gar keine Möglichkeit und auch gar kein Verlangen danach. Ich will sein, wie ein Turm in der Zeit und allen Stürmen trotzen. Alles Andere ist sekundär.

Ich bin eingesperrt im Labyrinth dieses Lebens, eingesperrt in der fruchtbaren Oase meiner eigenen Vernunft, die nicht ist von Heute und schon gar nie war von Gestern. Vielleicht, ja sogar wahrscheinlich ist es nicht ein Mal die Vernunft von Morgen, ist bloß eine weitere Verzweiflung der Zeit, die nicht weicht, ihre wohlüberlegten Gründe hat und doch nichts Anderes ist, als bloßes Nichts. Ein vergänglicher Blitz in der Ewigkeit, wie schon billionen, ja aberbillionen Gedankenblitze zuvor, eben ein vergänglicher Blitz der Zeit von Heute.

Ich bin so verloren in der Gedankenwelt meines Ichs, so verloren, wie der Stein eines Weisen, der zwar erkannt, aber nie begriffen wird. Denn Steine von Weisen gab es genug, doch sie verwaisten alle am Leben, besser gesagt am Mensch. Ob wohl dieses Wort "Waise" doch irgendwie von "weise" kommt? Ist es sein Pendant? Ohne dass wir wissen? Vom Wissen der Eltern über das Leben kommt Weisheit, kann zumindest theoretisch von dort kommen. Dem Wissen der Verwaisung entspringt jedoch eine frühe Vereinsamung durch Nichtwissen davon. Dieser Gedanke wohl schon wieder bloß so ein vergänglicher Blitz der Zeit.

Ich bin so vereinsamt in meinem Wissen, dass mir die Worte fehlen zur Annäherung an den Menschen. Ablehnung, Verwehrung, Beschimpfung, Desinteresse schlug mir entgegen, so lange ich denken kann. Bin sie gewöhnt. Habe sie akzeptiert und kann doch nicht damit leben.

Ich kenne nur Eines, das zählt in meinem Leben und das mich in diesem Leben hält. Diese Gründe sind weich, so unendlich weich, trotz ihrer Festigkeit. Diese Gründe sind weicher als weich und lassen mich Mann träumen. Träumen, mich vorbei träumen am Leben, mich vor Allem vorbei träumen am Wissen davon und seinen Bildern. Und diese Weiche, diese unendlich weiche Weiche wartet auf mich. Ganz nah dort im Dunkel, auf der anderen Seite der Wand, auf die ich über meinen PC hinweg starrend blicke. Wenn ich meine Augen schließe und träume, kann ich sie liegen sehen, eingehüllt im warmen Duft unter einer Decke. Heiße, heißeste Inhalation so flaumiger, deckenbedeckter, verkörperter Nacht. Danae.

O ich weiß, dass auch der Raum ohne Chaos, verloren in seinen Strukturen von geraden Linien, weiß, dass dort die dunstige Wärme eines Körpers wartet. Wartet auf Berührung, auf einen Kuss, auf eine Handfläche, die eisenhart durchgestreckt im Wahn der Alles verschlingenden Gefühle angespannt über Haut gleitet und dabei so kühlend den Dunst der Wärme zart verstreicht. Ich genieße Vorfreude und schreibe und schreibe mich heiß. So mir selber unheimlich heiß. Heißer als heiß. Einfach nur heiß. Die Gedanken zuvor, die Probleme vergleiten.

Ich sehne Brüste so weich, in deren aneinander gepresstes Weich ich langsam, ganz langsam und immer tiefer mein Gesicht versenken werde. O welch Weich, mir so sehr bekannt, so sehr vertraut und doch immer wieder neu und immer wieder so viel weicher als weich. Wie diese Unordnung des eigenen Körpers mit Worten beschreiben? Eine nahezu Unmöglichkeit. Nur ein klitzekleines Bisschen möglich, indem man Grenzen überschreitet. Grenzen, die von Worten von Heute gesteckt sind. Ich liebe. Ich liebe dich. Schon tausend, ja abertausend, ja abermillionen Mal gesagt, geschrieben, ausgesprochen, geflüstert, geschrieen, gebrüllt, gewiehert, damit ein Schweigen gebrochen, geturtelt, hin geschwatzt, verloren, verschallt, in Verzweiflung rade gebrochen, gebrabbelt im Rausch, so und so, und trotzdem immer wieder aufs Neue neu gefühlt. Ich liebe, ich liebe dich, und weil ich so sehr liebe, weil ich dich so sehr liebe, lebe ich auch. Ich lebe, weil dieses Wort "Liebe" mit einer bloßen Buchstabenerweiterung aus dem Wort "Leben" kommt. Ich liebe und lebe.

Ich lebe unendliche Zartheit auf der Suche nach Worten und verkomme trotzdem an der Härte unter der Hose. Es scheint, dass Beides im Leben und in der Liebe einfach zusammen gehört. Ich schließe mein zweites Augenpaar, dieses imaginäre, das allein dem Dichter seine Sehkraft verleiht, und das brennende des Schreiberlings bleibt offen. Der Dichter träumt. Der Dichter träumt sich durch die Wand und fühlt. Er ahnt. Er zerahnt die voraus ahnende Wohllust und schreibt und schreibt und genießt auf ein Mal Chaos. Das Chaos in seinem Körper. Diese Sehnsucht aller Sehnsüchte dieser Welt. Er sehnt. Er sehnt die Nähe: Danae.

Ein Zittern verfleht sich wie von selbst in seiner Tastatur. Er zieht die Worte in die Länge, wie einen Haribo-Gummibär. Auskosten den Sinn in seinen Worten. Mmmmhh, mmmmhh, er flieht das Schmalz der Worte entlang, wie er den Geschmack entlang flieht im Zungenschlag auf glatter Haut, die im Sekundentakt die hohen Poren wirft und nässt der Göttin in Hitzen verrinnendes Höllenfass. Im Traum leckt er sich entlang, entgegen dem Zirpen seiner Seele. Er bohrt, nein er port tausend und abertausend Zungenschläge tief hinein ins Hüftenfleisch. Er verzirpt den Schrei und leckt und leckt und leckt den Schon-Schlaf entzwei, und genießt.

Der Dichter genießt schon am PC, wissend was dann kommt. Er genießt schon vor die Hand, die sich so leis verstöhnend auf seinen Kopf legt, die Haare vergiert, zerwühlt und ihn tief hinein drückt, tief hinein ins Leben. Der Dichter schreibt und schreibt und schreibt sich heiß, heißer als heiß und verfühlt, verfühlt den Schmerz seiner Lenden, den Schmerz von Mann, der eingezwickt fest pickt in einer zu eng gewordenen Jean und nach Freiheit sehnt, nach einer Freiheit, der standesgemäß nur die Nacktheit des Paradieses entspricht, welche sich in Glück und Unglück im Menschen in alle Ewigkeiten hinweg vergent hat.

Der Dichter träumt und er schreibt den Traum und sinkt und sinkt tiefer und tiefer dabei ins Chaos. Ganz tief hinein in sein tiefstes Tief, er wetzt auf seinem Stuhl, richtet Ihn endlich gerade und sinkt in so tiefes Tief von Feuchtigkeit, wohligster Wärme und verglitscht so feuchter Zunge Glitsch an Zwischenschenkelglitsch, dem ewig sich sträubenden Glitsch des Lebens. Er verglitscht und schreibt und schreibt den Glitsch. Dieser Glitsch zieht an der Ordnung seiner Gedanken. Dieser Glitsch an Glitsch verbrennt ihn und er glitscht tiefer und tiefer hinein in eine Urwelt des Wahns der Geschlechter. Er trillert die Zunge ganz tief hinein ins Glitsch. Er trillert die Zunge ganz tief hinein in den Glitsch-Glitsch der Zeit, des Lebens. Er trillert, wie die Araberfrauen, die in früheren Jahrhunderten auf den Sanddünen ihren geliebten Männern und ihren geliebten Söhnen den Abschiedsgruß erbracht haben, wenn diese so sehr geliebten Männer und diese so sehr geliebten Söhne an ihnen vorüber in den Kampf gezogen sind.

Ein wildes, die Wüste erbebendes Zungengetriller, das sich über die Herzen der so sehr geliebten Männer und der so sehr geliebten Söhne gelegt hat und sie stark gemacht hat für einen möglichen Sieg. Dieses wilde, über hunderte von Gedanken- und Gefühlsdünen hinweg glitschende Thrillern, das sich auf Nieren und Gedärm der Feinde gelegt und sie geschwächt hat. Der Dichter wittert dieses trillernde Glitsch-Glitsch einer alten, uralten Liebe, das die Kampfesluft mit Kraft und Schwäche zugleich für die Krieger erzittern ließ, je nach dem.

Und plötzlich muss ich an diese armen Schweine von Taliban denken. Diese Narren, diese Supernarren einer sowieso schon närrischen Männerwelt, die ihren Frauen einen Schutz geben wollten, den nicht ein Mal versklavte Tiere wollen. Narren, Supernarren. So sehr Narren, wie nur Männer Narren sein können, denen die Frauen fremd geblieben sind. Taliban. Die Männer und Söhne der Taliban haben keine Frauen und Töchter, keine Schwestern, die ihnen ein herzerstarkendes Glitsch-Glitsch trillern zum Abschied. Wie soll da dieses Herz stark werden für einen möglichen Sieg? Narren. Supernarren. Kein Rückhalt im eigenen Volk. Kein Weib weit und breit, das froh ist, wenn ihr Taliban heim kehrt aus dem Krieg. Wie und wo soll da ein Mann seine Kraft finden für einen möglichen Sieg?

Scheiß Hirn! Ich bin wieder gefangen in vier Wänden, gefangen in Strukturen, so geradlinig, wie der Schienenstrang einer Eisenbahn. Kein Chaos mehr weit und breit, bloß ein schlaffes Ding unter einer nun wieder weiten Jean. Schicksal. Schicksal??? Vergesst es. Ich schalte jetzt diesen Suchthaufen von PC ab und werde mal nachsehen, ob nicht doch noch ein bisschen Etwas von diesem Chaos in mir übrig geblieben ist. Tschüss und Gute Nacht.
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Liebe Leserin, lieber Leser, Du darfst nicht glauben, dass ich Geschichten irgendwie plane. Mir kommt eine Idee und ich lasse mich dann einfach dahin treiben. Oft nehmen dann die Geschichten einen Lauf, den ich selber gar nicht so wollte. Da oben zum Beispiel wollte ich nur eine Erotikgeschichte schreiben. So in der Art: ein Dichter schreibt sich heiß, heißer als heiß, und schaut sich dann im Nachhinein an, ob sein Geschreibsel auch nur halb so gut ist, wie die Realität, das Leben. Und dann so Was! Nein, so Was!?

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Gedichte auf den Leib geschrieben