Die Chinesin

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Die Chinesin

Die Chinesin

Yupag Chinasky

Bedingt durch die Unbilden des Wetters hatten sie reichlich Gelegenheit den morbiden, sozialistischen Charme ihrer Unterkunft zu genießen, die dunklen Räume mit Plastikblumen auf den Tischen, die bunten Farbdrucke an den Wänden, die desinteressierte Gelangweiltheit des Personals und die gewöhnungsbedürftige Gleichförmigkeit der an sich lobenswerten chinesischen Küche. Weiteres Ungemach bereiteten die Spannungen, die sich in diesem Mikrokosmos aufbauten und die Tristesse ihres Zwangsaufenthalts beträchtlich verschlimmerten. Zuerst saßen sie noch in scheinbar fröhlicher Runde zusammen, zeigten demonstrativ Galgenhumor, erzählten von ihren diversen Reisen zu all den Plätzen dieser Welt, die man gesehen haben musste, bevor man starb oder erregten sich über politische und gesellschaftskritische Ansichten ihrer Gefährten. Doch es zeigte sich bald, dass die Gemeinsamkeiten kaum ausreichten, einige total verregnete Tage mit ungewissem Ende in einem abgelegenen, trostlosen chinesischen Kaff zu überstehen. So versiegte allmählich ihr Gesprächsstoff, das Interesse an den Mitmenschen und ihren Geschichten erlahmte und sie gingen sich immer mehr auf den Geist. Sie saßen nun allein oder in kleinen Grüppchen in der Empfangshalle, stierten auf den künstlichen Springbrunnen in der Mitte des Raums, beobachteten die traurigen Fische in dem veralgten Aquarium oder lungerten im Speisesaal herum, der auch als Bar fungierte und tranken lauwarmes Bier, süße Chrysanthemenlimonade oder heißen Tee. Die Höhepunkte des Tages waren trotz ihrer qualitativen Mängel die Mahlzeiten, bei denen etwas Leben aufkam und zu denen auch hie und da Leute aus der Stadt kamen und für etwas Abwechslung sorgten.

In dieser an sich schon traurigen Situation, hatte er das Pech, bei einem seiner Spaziergänge auf dem nassen, unregelmäßigen Kopfsteinpflaster einer steilen Gasse auszurutschen und sich den Fuß zu verknacksen.

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