Beide erhoben sich und gingen, er humpelnd, sie ein, zwei Schritte hinter ihm, über den Hof in Richtung Hoteleingangstür.
In der Halle steuerten sie zuerst den künstlichen Springbrunnen an, blieben dann eine Weile vor dem Aquarium stehen, ließen die lange Theke mit der Rezeption rechterhand liegen und betraten schließlich den Speiseraum, der zu dieser frühen Nachmittagsstunde leer war. Das Mittagessen war beendet, die Tische abgeräumt und nur die fleckigen, roten Tischdecken kündeten von dem „Gelage“, das vor einer Stunde hier stattgefunden hatte. Die Bedienung, eine junge, fette Frau, die sie ob der Störung ihrer Mittagsruhe unwirsch ansah, kam an den Tisch. Er bestellte ein Bier, sie orderte cha und bestätigte sein Vorurteil, dass Chinesen zu jeder Gelegenheit Tee trinken.
Sie nippten an ihren Getränken und fuhren fort, sich anzuschweigen und sich trotzdem interessiert anzusehen. Sie war weit davon entfernt eine dieser schlanken, attraktiven Suzy Wongs zu sein, mit geschlitztem Kleid bis an die Hüfte, Seidenhaaren bis an den Hintern und schmachtenden Mandelaugen. Nein, sie sah bodenständig, solide und auch etwas langweilig aus und passte gut in diese herbe Berglandschaft. In gewisser Weise erinnerte sie ihn an die Schauspielerin Gong Li, die in einem Film eine handfeste Bäuerin spielte, die mit Charme und Tatkraft ihr hartes Leben meisterte. Gong Li war selbstredend viel schöner und aparter als seine Nachmittagsbekanntschaft, aber auch diese übte einen gewissen Reiz auf ihn aus.
Nach einer Weile kam die Bedienung erneut angewatschelt und stellte eine Frage. Als Gong Li den Kopf schüttelte, räumte sie das Geschirr ab und schaute provozierend und demonstrativ auf ihre winzige Armbanduhr. Ein Zeichen, dass der Ausländer mit seiner Braut endlich verschwinden möge, damit sie ihr Mittagsschläfchen fortführen konnte. Er verstand die Aufforderung, blickte Gong Li fragend an und erhob sich zögernd und unschlüssig.
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