Die Chinesin

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Die Chinesin

Die Chinesin

Yupag Chinasky

Er liebte es zu reisen. Meistens allein, manchmal in Gesellschaft, aber immer möglichst weit weg, zu exotischen Orte und auf der Suche nach ungewöhnlichen Erfahrungen und Erlebnisse. Bei einer dieser Reisen, einer Fahrt mit einer kleinen Gruppe in einem robusten Minibus durch das südöstliche China, hatte er ein solches Erlebnis, als sie gezwungenermaßen ein paar Tage in den Bergen verbringen mussten. Der Reiseplan sah einen Besuch der berühmten Yandong-Höhlen mit ihren frühen buddhistischen Wandmalereien vor. Diese Höhlen befinden sich in einem abgelegenen, schwer zugänglichen Tal und die letzte, anstrengende Wegstrecke kann nur zu Fuß von der kleinen Stadt Shancheng aus zurückgelegt werden. Heftiger Dauerregen machte jedoch einen Strich durch ihre Pläne. Er verhinderte nicht nur den Besuch der Höhlen sondern blockierte auch durch Erdrutsche die einzige Straße, die Shancheng mit der Außenwelt verbindet. Sie waren froh, überhaupt heil in dem einzigen Touristenhotel der Gegend angekommen zu sein und mussten sich nun in Geduld üben, bis das Wetter besser, die Höhlen besuchbar und die Straße wieder passierbar sein würde.

Laut Reiseführer lag die Stadt sehr schön am Südhang eines weiten Tales und der Blick von dem etwas außerhalb gelegenen Hotel auf die gegenüberliegenden, schneebedeckten Berge wurde ganz besonders gerühmt. Dies konnten sie jedoch nicht bestätigen, weil die ganze Umgebung im grauen Nebel des schier unaufhörlichen Regens absoff. Shancheng selbst war ein äußerst langweiliges Nest, besonders bei diesem Wetter, das alles Leben von der Straße in die Häuser verbannte. Von ihren sporadischen, kurzen Spaziergängen durch die engen, menschenleeren Gassen kehrten sie frustriert, frierend und vor Nässe triefend in das Hotel zurück, in dem sie nur eine Nacht verbringen wollten und das nun zu einem Gefängnis für eine unbestimmte, wenn auch hoffentlich überschaubare Zeitspanne geworden war.

Bedingt durch die Unbilden des Wetters hatten sie reichlich Gelegenheit den morbiden, sozialistischen Charme ihrer Unterkunft zu genießen, die dunklen Räume mit Plastikblumen auf den Tischen, die bunten Farbdrucke an den Wänden, die desinteressierte Gelangweiltheit des Personals und die gewöhnungsbedürftige Gleichförmigkeit der an sich lobenswerten chinesischen Küche. Weiteres Ungemach bereiteten die Spannungen, die sich in diesem Mikrokosmos aufbauten und die Tristesse ihres Zwangsaufenthalts beträchtlich verschlimmerten. Zuerst saßen sie noch in scheinbar fröhlicher Runde zusammen, zeigten demonstrativ Galgenhumor, erzählten von ihren diversen Reisen zu all den Plätzen dieser Welt, die man gesehen haben musste, bevor man starb oder erregten sich über politische und gesellschaftskritische Ansichten ihrer Gefährten. Doch es zeigte sich bald, dass die Gemeinsamkeiten kaum ausreichten, einige total verregnete Tage mit ungewissem Ende in einem abgelegenen, trostlosen chinesischen Kaff zu überstehen. So versiegte allmählich ihr Gesprächsstoff, das Interesse an den Mitmenschen und ihren Geschichten erlahmte und sie gingen sich immer mehr auf den Geist. Sie saßen nun allein oder in kleinen Grüppchen in der Empfangshalle, stierten auf den künstlichen Springbrunnen in der Mitte des Raums, beobachteten die traurigen Fische in dem veralgten Aquarium oder lungerten im Speisesaal herum, der auch als Bar fungierte und tranken lauwarmes Bier, süße Chrysanthemenlimonade oder heißen Tee. Die Höhepunkte des Tages waren trotz ihrer qualitativen Mängel die Mahlzeiten, bei denen etwas Leben aufkam und zu denen auch hie und da Leute aus der Stadt kamen und für etwas Abwechslung sorgten.

In dieser an sich schon traurigen Situation, hatte er das Pech, bei einem seiner Spaziergänge auf dem nassen, unregelmäßigen Kopfsteinpflaster einer steilen Gasse auszurutschen und sich den Fuß zu verknacksen. Die Verletzung war nicht schlimm, aber dennoch schmerzhaft. Er humpelte, musste sich schonen und zog es vor, allein in seinem Zimmer zu bleiben und die ätzende Langeweile auszuhalten. Dieses Zimmer lag im ersten Stock und er hätte vom Balkon aus den berühmten Blick auf das Tal genießen können, aber unter den gegebenen Umständen konnte man ihn allenfalls in den kurzen Perioden der Wetteraufklarung ahnen. So blieb ihm nur, den umfriedeten Hof des Hotels zu beobachten, in dessen Mitte eine pyramidenförmige Säule mit einem roten Stern auf der Spitze stand. Doch im Hof spielte sich nur selten etwas Bemerkenswertes ab. Manchmal ging jemand vom Personal in eines der Nebengebäude, zu den Essenszeiten konnte man die Restaurantbesucher kommen und gehen sehen. Neue Hotelgäste, die für etwas mehr Abwechslung hätten sorgen können, kamen natürlich wegen der Straßenblockade nicht. Ein Lichtblick wäre noch der Hofhund gewesen, ein schmutzig gelber Mischling, der nachts oft jämmerlich heulte, doch der hatte unter einer Plane einen halbwegs trockenen Platz gefunden und rührte sich nicht fort.

Am Sonntag änderte sich dann das Wetter und damit auch die Stimmung der Gruppe schlagartig. Der Regen hatte schon in der Nacht aufgehört und der Blick am frühen Morgen auf die frisch gewaschene Landschaft war in der Tat phantastisch und nährte die Hoffnung, dem Gefängnis am nächsten Tag entkommen zu können. Der Reiseleiter hatte zudem beim Frühstück angekündigt, heute die verschobene Wanderung zu den Höhlen zu machen und so redeten sie schon beim Frühstück wieder miteinander, akzeptierten die faden Dampfnudeln mitsamt der pampigen Soyasuppe, scherzten und lachten und waren zufrieden. Da der Ausflug den ganzen Tag in Anspruch nehmen würde, hatte die Küche Lunchpakete vorbereitet, kalten Reis, weiches Gemüse, harte Eier und marinierte Hähnchenschlegel. Kurz nach dem Frühstück trafen sie sich in der Halle, perfekt gekleidet und mit all den Dingen ausgestattet, die zum Wandern notwendig sind wie Kamera, Fernglas und Nordic-walking-Stöcken. Alle waren froh und gut gelaunt, bis auf ihn, der sich wegen seines immer noch geschwollenen, schmerzenden Fußes an dem Ausflug nicht beteiligen konnte und zwangsläufig einen weiteren, einsamen Tag im Hotel überstehen musste. Diese Aussicht und der Verzicht auf den Besuch der Höhlen, auf den er sich natürlich gefreut hatte, ärgerte ihn, aber er hatte keine andere Wahl und so nahm er reichlich scheel die aufrichtig gemeinten Beileidsbezeugungen der Mitreisenden entgegen.

Nun, da er allein und das Wetter schön war, stellte er einen Stuhl auf den kleinen Balkon seines Zimmers, nahm sich ein Buch, das er von einem Mitreisenden ausgeliehen hatte und begann zu lesen. Doch schon nach einigen Seiten stellte er fest, dass ihn die Geschichte überhaupt nicht interessiert, ja er ärgerte sich, dass man solch einen Mist überhaupt als Reiselektüre einpacken konnte. Statt zu lesen, genoss er die langersehnte Sonne, verlor sich im Anblick der vorbeiziehenden Wolken am klaren, tiefblauen Himmel, verfolgte ihre Schatten, die durch das Tal eilten und stellte sich vor, auf einem der blendend weißen Schneeberge zu sitzen und Lama Anagarika Govindas Buch „Der Weg der weißen Wolken“ zu lesen.

Irgendwann im Laufe des Vormittags, als er aufstand und über die Betonbrüstung des Balkons auf den Hof schaute, fiel ihm die Frau auf, die auf der niedrigen Umgrenzungsmauer zur Straße saß. Es war eine etwas rundliche und, wie ihm schien, nicht mehr ganz junge Frau, die einfach nur da saß und nichts tat. Sie hatte offensichtlich viel Zeit und an diesem Tag nichts Besseres vor, denn als er nach dem Mittagessen wieder auf den Balkon kam, saß sie immer noch in ihrem Sonntagsstaat da, rote Bluse, gelber Rock, weiße Handschuhe und ein Strohhut mit einer künstlichen, grellroten Rose. Ein winziges Handtäschchen lag neben ihr auf der Mauer. Die Frau und ihr seltsames, statisches Verhalten irritierte und faszinierte ihn und so stand er immer öfters auf, lehnte sich an die Brüstung und betrachtete sie. Auch sie hatte ihn, den einzigen Gast des Hotels natürlich wahr genommen, schaute zu ihm hoch, lächelte freundlich und winkte ihm zu, er möge doch zu ihr herunter kommen. Er winkte zurück und war über die Aussicht in Gesellschaft zu sein und mit jemandem reden zu können ganz froh. Mit dem altersschwachen Fahrstuhl fuhr er ins Erdgeschoss, durchquerte humpelnd die Eingangshalle und den Hof und setzte sich neben sie auf die Mauer. Doch schon nach sehr kurzer Zeit musste er feststellen, dass eine Unterhaltung nicht möglich war. Sie hatten keine gemeinsame Sprache und fanden nur sehr wenige Worte, die sie austauschen und verstehen konnten.

Aber ihr Lächeln funktionierte und mit Mimik und Gestik kam doch eine Art von Konversation zustande. So machte er ihr zum Beispiel vor, wie er sich seine Verletzung geholt hatte und erläuterte, warum er hier und seine Mitreisenden bei den Höhlen waren. Die Beschreibung, wie sehr ihn der ewige Regen der letzten Tage genervt hatte, gelang ihm so gut, dass sie herzlich lachte. Ansonsten sah sie seinen Bemühungen eher höflich interessiert zu und steuerte selbst nur wenig zu dieser Unterhaltung bei, die von zwei Taubstummen hätte geführt werden können. Und so erlahmte seine Gesprächsbereitschaft bald wieder und die Langeweile stellte sich erneut ein, obwohl er ja nun in Gesellschaft war. Eine ganze Weile saßen beide stumm und steif da und warteten, dass irgend etwas geschehen möge. Er hätte dieser Frau, die ihm nicht unsympathisch war, gerne vorgeschlagen, einen gemeinsamen Spaziergang durch den Ort zu machen. Da dies aber nicht möglich war, schlug er stattdessen vor, in der Hotelbar etwas zu trinken. Sie verstand seine Einladung, lächelte und nickte. Beide erhoben sich und gingen, er humpelnd, sie ein, zwei Schritte hinter ihm, über den Hof in Richtung Hoteleingangstür.

In der Halle steuerten sie zuerst den künstlichen Springbrunnen an, blieben dann eine Weile vor dem Aquarium stehen, ließen die lange Theke mit der Rezeption rechterhand liegen und betraten schließlich den Speiseraum, der zu dieser frühen Nachmittagsstunde leer war. Das Mittagessen war beendet, die Tische abgeräumt und nur die fleckigen, roten Tischdecken kündeten von dem „Gelage“, das vor einer Stunde hier stattgefunden hatte. Die Bedienung, eine junge, fette Frau, die sie ob der Störung ihrer Mittagsruhe unwirsch ansah, kam an den Tisch. Er bestellte ein Bier, sie orderte cha und bestätigte sein Vorurteil, dass Chinesen zu jeder Gelegenheit Tee trinken. Sie nippten an ihren Getränken und fuhren fort, sich anzuschweigen und sich trotzdem interessiert anzusehen. Sie war weit davon entfernt eine dieser schlanken, attraktiven Suzy Wongs zu sein, mit geschlitztem Kleid bis an die Hüfte, Seidenhaaren bis an den Hintern und schmachtenden Mandelaugen. Nein, sie sah bodenständig, solide und auch etwas langweilig aus und passte gut in diese herbe Berglandschaft. In gewisser Weise erinnerte sie ihn an die Schauspielerin Gong Li, die in einem Film eine handfeste Bäuerin spielte, die mit Charme und Tatkraft ihr hartes Leben meisterte. Gong Li war selbstredend viel schöner und aparter als seine Nachmittagsbekanntschaft, aber auch diese übte einen gewissen Reiz auf ihn aus.
Nach einer Weile kam die Bedienung erneut angewatschelt und stellte eine Frage. Als Gong Li den Kopf schüttelte, räumte sie das Geschirr ab und schaute provozierend und demonstrativ auf ihre winzige Armbanduhr. Ein Zeichen, dass der Ausländer mit seiner Braut endlich verschwinden möge, damit sie ihr Mittagsschläfchen fortführen konnte. Er verstand die Aufforderung, blickte Gong Li fragend an und erhob sich zögernd und unschlüssig. Sie nickte wieder, zog kokett ihre Handschuhe wieder an, die sie abgelegt hatte, den Hut hatte sie aufbehalten und ergriff das Handtäschchen aus blauem Kunststoff mit silberner Schnalle. Dann stand sie ebenfalls auf und hängte sich zu seiner Überraschung bei ihm ein. Ihre linke Hand glitt unter seinen rechten Arm, ihr Unterarm legte sich auf seinen und sie schmiegte sich ganz leicht an ihn und er roch zum ersten Mal ihr süßliches Parfüm. Sie zog ihn, das Tempo und die Richtung bestimmend, ein leicht triumphierendes Lächeln auf den Lippen, zurück in die Empfangshalle. Jetzt ließen sie die Theke links liegen, ignorierten den künstlichen Springbrunnen, warfen nur einen kurzen Blick auf das Aquarium und gingen weiter in Richtung Eingangstür. Dort blieb Gong Li stehen und betrachtete ein paar Minuten lang das Geschehen auf dem weißlich flimmernden Bildschirm des Hotelfernsehers, der seltsamerweise seinen Platz neben der Eingangstür gefunden hatte. Sie kicherte, er verstand nichts von dem, was er sah. Dann standen sie vor dem Aufzug und warteten, bis er hörbar rumpelnd ankam. Während sie warteten, sah er sie amüsiert, aber auch leicht irritiert an und bewunderte ihr zielgerichtetes, entschlossenes Handeln. Er war neugierig, wie es nun weitergehen würde, doch eigentlich war diese Frage rein rhetorischer Natur, denn er wusste sehr wohl, was sie beide wollten und er malte sich aus, was nun in seinem Zimmer geschehen würde. Er war bereit, alle Spielchen mitzumachen.

Sie betreten das Zimmer mit den dunklen Holzdielen und den grell-bunten Tapeten. In der Mitte steht ein großes Himmelbett, auf dem eine blau-rote Steppdecke liegt. An der Wand befindet sich eine Anrichte mit einem großen Spiegel, Schmink- und Schreibtisch in einem, daneben steht ein mit Schnitzwerk verzierter Holzschrank. Neben dem Bett auf dem Fußboden liegt sein Koffer, sorgfältig abgeschlossen wie immer, wenn er das Hotelzimmer verlässt. Die Tür zum Balkon ist geöffnet. Dort steht noch der Stuhl mit dem langweiligen Buch. Sie löst sich von seinem Arm und schaut sich, halb neugierig, halb wissend um. Geht um das Bett herum zu der Anrichte und betrachtet sich eine Weile sehr aufmerksam im Spiegel. Schließlich legt sie das Handtäschchen auf das Bett, zieht die Handschuhe aus, legt sie sorgfältig daneben, nimmt danach den Hut ab und legt auch den auf das Bett. Zum ersten Mal sieht er die beiden neckischen, kurzen Pferdeschwänzchen, die ihm einen Tick zu jung für eine Frau ihres Alters vorkommen, die ihr aber ein gewisses unschuldiges Aussehen verleihen. Nun setzt sie sich selbst auf das Bett, nimmt das Handtäschchen, öffnet es, kramt darin und zieht einen Lippenstift heraus. Sehr sorgfältig fährt sie die Konturen ihres kleinen Mundes nach. Sie verreibt die grellrote Farbe, indem sie die Lippen mehrfach hin und her bewegt und aufeinander presst. Zum Schluss holt sie noch ein Döschen aus dem Täschchen und trägt mit einem winzigen Wattebausch Rouge auf die Wangen. Auch das Rouge ist von kräftiger Farbe und sie sieht nun aus wie eine Konkubinen aus einer Pekingoper.

Er ist die ganze Zeit neben der Tür stehen geblieben und hat interessiert ihre Verschönerungsarbeit verfolgt. Nun, da sie fertig ist, austeht und sich ihm zu wendet, erwartet er, dass sie anfangen möge sich auszuziehen, sich auf das Bett zu legen oder auf ihn zuzukommen. Doch was nun folgt, erstaunt und irritiert ihn erneut, denn sie fordert ihn mit einer unmissverständlichen Handbewegung auf, seine Hose auszuziehen. Er schaut sie ungläubig an, obwohl ihm natürlich klar ist, dass Gong Li nicht nur wegen des Schminktischs auf sein Zimmer gekommen ist. Aber die direkte Art und Weise wie diese so simpel, so ländlich und unbedarft wirkende Frau die Initiative ergreift, wie sie ihre Vorstellung von dem tête à tête durchsetzt, ja ihn regelrecht instrumentalisiert, verwundet ihn. Sie, eine Chinesin, die in Sachen Sex doch eher als zurückhaltend und phantasielos gelten, weiß ganz genau, was sie will. Sie wiederholt ihre Aufforderung und unterstreicht sie mit ihrem asiatisch bestätigenden Nicken. Er zögert, öffnet aber dann den Gürtel und lässt die Hose zu Boden fallen. Dann steigt er, etwas umständlich die Füße schüttelnd aus dem Hosenknäuel. Sie lächelt ihn an und macht mit der rechten Hand, zwei, drei kreisende Bewegungen. Mach weiter, na los doch. Er fasst sich an die Unterhose, dann fällt ihm aber ein, dass er ja noch seine Schuhe, seine Socken und sein Hemd anhat. Er bückt sich, nestelt an den Schuhbändern, zieht einen Schuh aus, dann den Socken, dann den anderen Schuh und den anderen Socken. Zwischendurch schaut er von unten, aus einer komischen, lächerlich wirkenden gebückten Haltung auf die ruhige, selbstsichere Frau, die neben dem Spiegel steht, abwartend, fordernd, lächelnd.

Nachdem er sich wieder aufgerichtet hat, befördert er Schuhe, Socken und Hose mit ein paar Tritten in eine Ecke des Zimmers und knöpft sich dann das Hemd auf, langsam, provozierend, wie bei einem Striptease. Er lässt es zu Boden gleiten und schickt es den anderen Kleidungsstücken nach. Nun trennt ihn nur noch die Unterhose von der natürlichsten aller Erscheinungen, nur sie schützt ihn noch. Aber wovor eigentlich? Vor ihren abschätzenden Blicken, weil er, wie sie deutlich sehen würde, noch nicht bereit ist oder vielleicht auch gar nicht bereit werden würde? Er ist verunsichert und ungeduldig und sagt ihr, sie solle nun auch anfangen, sich auszuziehen, wohl wissend, dass sie seine Worte nicht verstehen, aber ihren Sinn durchaus begreifen könne. Wieder nickt sie, wieder dieses stereotype Nicken, bewegt sich aber trotzdem nicht. Sie schaut unverwandt auf seine Unterhose. Schließlich streift er sie ab und steht nun nackt da, mit leicht errigiertem Penis, in der Rolle des Untertans, der darauf wartet, die Gunst einer Domina gnädig in Empfang nehmen zu dürfen.

Sie scheint jedoch mit dem halbgaren Anblick, der sich ihr bietet, zufrieden zu sein, denn sie klatscht beifällig in die Hände und beginnt endlich selbst aktiv zu werden. Und wieder geschieht etwas, was er nicht erwartet hatte und was ihn in großes Erstaunen versetzt. Als sie nämlich anfängt, langsam die rote Bluse aufzuknöpfen und ihr ebenfalls roter BH und ihre üppigen Brüste zum Vorschein kommen, ist dieser BH vorne offen. Die Brüste werden durch ihn hochgehoben und vorgereckt und die aufgerichteten, rosa Brustwarzen sind frei sichtbar auf ihn gerichtet. Der Anblick dieser Brüste, mehr aber noch der des seltsamen, erotischen Kleidungsstücks, das absolut nicht hierher, in die tiefste chinesische Provinz passen will, versetzt ihn auf einen Schlag in eine erotisierte Stimmung, die ihn bisher noch nicht erreicht hatte. Er ist geil geworden, richtig geil und will sie haben, diese seltsam raffinierte Bäuerin. Er will, dass sie sich auf das Bett legt, dass er ihr den Rock abstreift, den Slip herunterzieht, dass sie die Beine breit macht, damit er in sie eindringen kann, immer wieder eindringen kann. Aber als er keuchend und mit glasigen Augen einen Schritt auf sie zumacht, bedeutet sie ihm mit einer erneuten Handbewegung, stehen zu bleiben. Sie dreht sich nun um, bis sie ihm den Rücken zuwendet, fasst mit einer Hand nach dem Schrank, bückt sich langsam, bis ihr Rücken waagrecht ist und ihr Hinterteil sich ihm provozierend entgegenreckt. Und dann fängt sie an, Stückchen für Stückchen, den gelben Rock mit der freien Hand hochzuraffen, bis die nackten Hinterbacken sichtbar sind und der Rock auf ihrem Rücken liegt. Sie hat unter dem Rock nichts an, nichts zum abstreifen, nichts zum ausziehen. Ihr blanker Hintern ist rund und fest und prall und sie beginnt ihn langsam, wollüstig zu kreisen, einladend, provozierend, erregend, sexuell. Er starrt auf diese rotierende Versuchung, seine Erregung wächst und er kann sich kaum noch beherrschen. So rasch er kann, humpelt er um das Bett herum, um sie endlich, endlich zu begrapschen, zu betasten, zu streicheln. Er presst seinen nun steil aufgerichteten Penis an den kreisenden Hintern, sucht ihn zwischen die Backen zu drängen, fasst mit beiden Händen nach ihren Brüsten und beginnt sie zu drücken und zu kneten. Sie stöhnt, schaut starr auf den Schrank, weicht aber mit ihren rotierenden Beckenbewegungen seinem Drängen aus und verhindert, dass er in sie eindringt. Denn noch ist sie nicht bereit und bietet ihm, der schnell und ungeduldig zum Höhepunkt kommen will, eine weitere überraschende Variante ihres raffinierten Liebesspiels an. Sie richtet sich aus ihrer gebückten Haltung auf, lässt den Schrank los und ergreift seine beiden Hände, die immer noch ihre Brüste durchwalken und zerrte ihn, der wie ein Straßenköter auf ihr hängt, zur Balkontür. Sie zerrte ihn an diesem hellen Sonntagnachmittag ins Freie, auf den einsehbaren Balkon und beugt sich über die Brüstung. Nun ist sie auch hoch erregt, ihr Kopf wackelt ekstatisch vor und zurück, ihre Brüste wippen, sie stößt kleine, halblaute Schreie aus, aber ihr Hintern ist ganz ruhig geworden, hat aufgehört zu kreisen, sie ist für ihn bereit. Schnaufend und stöhnend umfasst er mit beiden Händen ihre Hüften. Doch bevor sein Penis sein Ziel sucht und schließlich auch findet, wandert sein Blick auf ihren Nacken, auf die ekstatisch wippenden Pferdeschwänzchen, dann auf den Hof, auf den roten Stern und schließlich auf das weite Tal. Er sieht die eilenden Schatten der Wolken und in seine heiße Erregung mischt sich eine tiefe Ruhe. Er dringt in sie ein und seine Ekstase entlädt sich in einigen wenigen, heftigen Stößen. Beide sind endlich an ihrem Ziel.

Als er mit seinem Rammeln fertig und wieder ruhiger geworden ist, wendet sie sich schnell von der Brüstung ab und drückt ihn sanft zurück in das Zimmer, knöpft ihre Bluse zu, streicht den Rock glatt und nimmt Handtasche, Hut und Handschuhe an sich. Noch ein kurzer Blick in den Spiegel, ein dankbares Lächeln für ihn und dann hat sie wort- und grußlos das Zimmer verlassen. Er steht konsterniert und erschöpft in der Balkontür. Nicht einmal das Geld, das sie sicher erwartet hat und er ihr auch geben wollte, hat sie genommen. Dann löst er sich aus der Starre, legt sich auf das unberührte Bett und in seinem Kopf kreisen Bilder mit gelben Röcken, roten Blusen, steifen Brüsten, prallen Hintern, roten Lippen und wippenden Pferdeschwänzen und über alles streifen unaufhörlich die Schatten der dahineilenden Wolken.
Am nächsten Tag war die Straße wieder frei und sie konnten ihre Reise fortsetzten.

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