Christina und der Kupferkessel

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Christina und der Kupferkessel

Christina und der Kupferkessel

Anita Isiris

Der Kupferkessel war gigantisch. Gespenstisch erhellte das Feuer den Raum, der viel grösser war als es der erste Eindruck vermittelte. Es gab da diverse Nischen, Ecken und Rundungen, die die Gesamtfläche vegrösserten. Enthusiastisch rührte der kleinwüchsige Rafael in der zähen, duftenden Flüssigkeit.

Draussen ballte sich ein Gewitter zusammen, ein Gewitter, das die Feldfrüchte zerfetzen und die letzten Apfelbäume knicken würde als wären es Strohhalme.

Eine eitergelbe Sonne, kurz davor, sich zu verabschieden, verschanzte sich hinter blauschwarzen Kugelwolken, Wolken, aus denen gleich das Wasser hervorbrechen würde.

Erwartungsfreudig rührte Rafael im Kupferkessel. Nur wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte er über den Rand schauen, und das Rühren forderte seine gesamte Körperkraft. Seine geringe Körpergrösse wurde aber wettgemacht durch ein hochempfindliches Riechorgan, ein exzellentes Musikgehör und einen scharfen Verstand, um den ihn das ganze Dorf benied. Sein bestes schwarzes Jackett hing über der Stuhllehne, einem Stuhl, den er vom Dorfschreiner extra für sich hatte anfertigen lassen – gleichzeitig mit dem soliden Schiefertisch, neben dem Kupferkessel dem einzigen Blickfang im Raum.

Die Wände waren unregelmässig verputzt; zum Teil blätterte die gelbweisse Farbe ab, an andern Stellen sah man das rohe Mauerwerk.

Dann brach der Regen los – von einem Moment auf den andern. Die beiden Ziegen hatte Rafael rechtzeitig in den Unterstand gelockt. Sie liessen sich nur locken, mit saftigen Wiesenkräutern. Hätte er sie in den Stall gezerrt, er hätte keine Chance gehabt gegen die kräftigen, störrischen Tiere.

Rafael war mit sich und der Welt im Reinen. Im Dorf nicht sonderlich beliebt, hatte er sich dennoch am Würfelspiel beteiligt, das einige Tage zuvor auf dem Dorfplatz neben der Kaschemme stattgefunden hatte. Die Männer hatten um Christina gespielt. Christina war die Dorfnutte – aber, oh nein! Keine Gewöhnliche! Gegen Naturalien, frische Kürbissuppe oder Ziegenkäse etwa, liess sie sich befingern, zeigte den Glücklichen ihre gewaltigen Brüste, war bereit zum Kuscheln – und Christina erzählte ihren Besuchern fantastische Geschichten aus dem Reich der Erotik, wie es in ihrem Kopf Ausdehnung fand.

Noch nie aber hatte sie jemanden an ihr zartes Geschlecht heran gelassen. Christina tat gut daran, denn es gab da allenthalben diese ekelhaften Krankheiten, es tropfte, juckte, schwärte, und Christina wollte keine Leidende werden, sondern eine Erfreuende bleiben.

Das Würfelspiel um Christina hatte Rafael gewonnen, mit der dreifachen Sechs. 666. „Er ist mit dem Teufel im Bund“, knurrte der Bürgermeister, der es dem Kleinwüchsigen keineswegs gönnte, dass dieser sich nun eine ganze Nacht lang mit Christina vergnügen konnte. Er selber war auch schon zugange gewesen, hatte an Christinas Nippeln gesaugt, in ihrem Haar gewuschelt und ihren Geschichten gelauscht. Aber auch ihm hatte sie ihre Muschi verwehrt.

Christinas Muschi war deshalb Gegenstand der Träume aller Männer, die es im Dorf verdienten, als Männer bezeichnet zu werden. Aufs schwerste arbeitende Bauern, bis zur Erschöpfung schuftende Kürschner, Steinmetze, Bauarbeiter mit schwieligen Händen, die in der Dorfkaschemme das Vergessen suchten, bevor sie es ihren eigenen Frauen besorgten, vor, während oder nach dem Abendessen, auf dem Strohlager, auf dem Küchentisch oder draussen, im Stall, zwischen stumpf dreinblickenden Kühen.

Besorgt sah Rafael durchs beschlagene Fenster nach draussen. Ob Christina den Weg zu ihm überhaupt unter die Füsse nahm? Bei diesem Sturmwetter? Insgeheim hoffte er, das Gewitter sei erst losgebrochen, nachdem sie den Wald durchquert hatte. Die Umkehr lohnte sich nicht – sie suchte hoffentlich lieber bei ihm Schutz, den er ihr selbstverständlich gewähren würde – als sich auf den beschwerlichen Rückweg zu machen. In vielen Farben stellte er sie sich vor, seine Christina, wie sie mit triefenden Haaren unter der Tür stehen würde, die Kleider würden ihr am Leib kleben und ihren Körper preisgeben, so, als wäre sie bereits nackt. Rafael hatte sofort einen steifen Schwanz, seinen Schwanz, den niemand besser kannte als er selbst, seinen Schwanz, Lebenselixier, Freudenspender, Zeichen männlicher Prominenz in einem.

Rafael liess das Feuer züngeln, legte aber nicht nach. Die wertvolle Schlokoladesosse, die sich im Kupferkessel befand, durfte keineswegs anbrennen. Fünf Jahre lang hatte er gespart für diesen Moment. Fünf Jahre lang hatte er sich gewünscht, zusehen zu dürfen, wie Christina sich im Schokoladebad aalte, geil würde von den süssen, warmen Düften, wie er sich zu ihr setzen und mit ihr herumferkeln würde.

Nein, keine ordinäre Kochschokolade war das! Rafael hatte edle Milchschokolade aus der Schweiz zugesetzt, die ihm in regelmässigen Abständen vom Postboten gebracht worden war, in Abständen, kleinen Raten gleich, und Rafael hatte allmählich sein Vorratslager mit der Delikatesse gefüllt. Sein Geld allerdings war jetzt alle; eine Nacht mit Christina hätte er sich keineswegs leisten können. Das gewonnene Würfelspiel war daher seine Chance, sein Glück.

So sinnierte er – als es an die Tür klopfte. Rafaels Herz stand beinahe still. Mit grossen Schritten eilte er zur Tür – und tatsächlich! Da stand sie! Klitschnass und in voller Pracht! Christina war nun eine Frau, wie man sie heutzutage kaum mehr antrifft. Sie war kaum 1.60 m gross, mollig, hatte ein anziehendes Gesicht mit hoch stehenden Wangenknochen und dichtes honigblondes Haar, das sie immer in zwei Zöpfen verflocht. Ihr enormer Busen war Blickfang für alle, und Christina wusste, dass sie für die Liebe gemacht war. Sie war auch eine leidliche Köchin, Geniesserin, und nichts tat sie lieber als ihren kleinen, bescheidenen Garten zu pflegen. Sie war unverheiratet, was ihr – besonders bei den Dorffrauen – den Ruf einer Hexe eintrug. Die Dorffrauen ahnten natürlich, dass sie ihren Männern an den langen Abenden zu Willen war – es war aber auch zu ihnen durchgedrungen, dass Christinas Möse unberührt war, dass sie da keinen ranliess. So hatten die Dorffrauen dennoch etwas an sich, das ihre Männer nur zuhause vorfanden – die Frauen mussten allerdings die Tatsache ertragen, dass ihre Brüste, ihr Haar, ihre Hüften und ihre ausladenden Hinterteile nicht das Einzige war auf dieser Welt, woran sich ihre Ehegatten labten und erfreuten.

Mit vor Erregung leicht erhöhter Stimmlage bat Rafael Christina in seine gute Stube, respektive in seinen Stubenküchenschlafraum. Das Bad, in dem ein enormer Bottich stand, war ein abgetrenntes Gemach. Das Plumpsklo befand sich draussen in einem kleinen Holzverschlag, von dem nach diesem nächtlichen Gewitter nichts mehr übrig sein würde. Schon Dutzende von Malen hatte Rafael das Häuschen wieder aufgebaut.

„Schön warm hast du es hier“, seufzte Christina. „Hast du etwas dagegen, wenn ich meine nassen Kleider ausziehe?“ Vor Erregung konnte Rafael kaum antworten. Es kam ein Gurgeln. Dann entdeckte Christina den Kupferkessel. „Mein Gott... was ist denn das??“, fragte sie ihn mit echter Verwunderung. „Schokolade“, antwortete Rafael mit trockener Kehle. „Du sollst in Schokolade baden.“

Schon viele ungewöhnliche Angebote waren an Christina heran getragen worden. Das hatte wohl auch damit zu tun, dass sie sich ja nicht ficken liess. Die Männer sublimierten ihre gestaute Lust und taten halt andere Dinge mit ihr. Sie liessen sie etwa nackt steile Treppen hochgehen und folgten ihr dicht – in der Hoffnung, mit einem gierigen Blick das zu erhaschen, was sich zwischen ihren Beinen befand. Christinas Pfläumchen. Geheimnis und begehrlicher Gedankenort nächtlicher Wichsereien, wenn die Alte schnarchte, mit einem Mondstrahl auf dem Leinennachthemd.

Einmal hatte Christina sogar nackt auf einer Kuh reiten müssen – ein reicher Bauer hatte sich daran aufgegeilt, sie so zu erleben, hilflos, im Versuch, sich am glatten Fell festzuklammern.

Christina knöpfte ihren Mantel auf, zog ihn langsam aus, warf ihn über die Stuhllehne zu Rafaels Jackett. Dann entledigte sie sich ihrer Stiefel. Als sie ihre Bluse aufknöpfte, sprang Rafaels Herz. „Mein Gott, wie schön du bist“, murmelte er. „Ich weiss“, schmunzelte Christina selbstvergessen. Sie hatte das schon oft gehört.

Endlich stand sie da, im Unterrock, und ihre schweren Brüste wurden vom erlöschenden Feuer beschienen. Wie kleine Kunstwerke.

„Tee“, sagte Rafael wortkarg und schenkte Christina eine Kachel mit dampfendem Gebräu ein. Er goss reichlich Schnaps hinzu – Christina sollte sich im Schokoladebad entspannen. Wortlos nippte sie am Tongefäss und sah immer wieder belustigt zum Kupferkessel hinüber.

„Und wo soll denn das Bad stattfinden?“

Rafael ergriff eine Fackel, entzündete sie und wies auf einen Eingang, der Christina bisher gar nicht aufgefallen war. Da erblickte sie den riesigen Bottich, in dem ohne Probleme drei Menschen Platz gefunden hätten. „Oh...“, entfuhr es ihr. Vor dem Bad waren vier Fackeln montiert, und in einer Wandnische standen gelbe Rosen. Der Teufel weiss, woher Rafael sie hatte.

„Hilfst du mir mit dem Kessel?“ stammelte Rafael heiser. Schon das Aufhängen des leeren Gefässes war schwer genug gewesen für den Kleinwüchsigen - ohne Schemel hätte er es keinesfalls geschafft. Danach hatte er die Schokolade eingeworfen, und viel Wasser zum Verdünnen.

Christina, die sich hartes Arbeiten gewohnt war und schon viele Gewichte gehoben hatte, half dem Kleinwüchsigen dabei, den vollen Kessel aus den Angeln zu heben. „Pass auf dass du dich nicht verbrennst!“

Christina lächelte. „Ich bin eine Frau“, sagte sie. „Mir passiert das nicht.“ Schon nur dieses Bild, die hübsche, mollige Frau mit dem Flachshaar, mit nacktem Oberkörper, den schweren Kessel stemmend, hätte Rafael beinahe ejakulieren lassen. Aber er konnte sich beherrschen und half Christina, so gut er es eben mit seiner bescheidenen Statur vermochte.

„Ist schon etwas heiß, diese Schokolade“, keuchte Christina. „Im Bottich kühlt sie sich ab, bestimmt, und wir werden das Lustbad geniessen“, entgegnete Rafael.
Christina hatte Rafaels Planung und Erfindergeist unterschätzt. Neben dem Gestänge stand ein kleines Gefährt, ein Brettquader auf Rädern, und als der Kupferkessel dort stand, konnte er bequem zum Badebottich geschoben werden.

Gemeinsam kippten die beiden den Inhalt in die Wanne – Christina, noch immer nur mit ihrem Unterrock bekleidet, und Rafael, in Karohemd und schwerer, gewitterfester Hose. Gemeinsam schoben sie den Kupferkessel zurück ans Feuer, setzten eine Riesenmenge Schokolade zu, schütteten Wasser nach und liessen es vorerst mal gut sein.

Dann entledigten sich beide ihrer Kleider. Da war Rafaels muskulöser Oberkörper. Sein federnder Schwanz. Christina musste sich beherrschen um nicht gleich loszulachen. Einen derartigen Prachtsbolzen hätte sie dem Zwerg kaum zugetraut. Und Christina erst! Das tiefschwarze, munter spriessende Wäldchen, Ort des Begehrens eines ganzen Dorfs! Christinas Riesenhintern! Christinas wundervoll geschwungene Schlüsselbeine, ihre Zitzen, an denen auch schon der Bürgermeister, der Bäcker und der Krindenhofbauer gelutscht hatten!

Rafaels Herz setzte beinahe aus, so erregt war er, als er einen Zeh in die klebrige Flüssigkeit steckte. „Geht so“, sagte er. „Iiihh...“, entgegnete Christina. Sie war etwas hitzeempfindlicher.

Dann, endlich, sassen beide im Bottich – nachdem Rafael die Fackeln entzündet hatte. „Kleines Ferkel, du“, knurrte Rafael. Die Fackeln erleuchteten Christinas Haar und warfen geheimnisvolle Schatten.

Er würde Christina zum Singen bringen. Zum Singen und Stöhnen. Zum Singen, Stöhnen – und zum Erzählen einer wundervollen Geschichte.

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