Claudia

Agnes' Haus der sündigen Engel

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Stayhungry

Kein Bereich aber war überfrachtet mit Überfluss an Objekten des ihm zugehörigen Stils, es gab keinen Tand, keinen Plüsch, keine Himmelbetten und keine Rüschen. Nur klare Formen des modernen Designs hatten sich nach ihrer Erfahrung bewährt für die ästhetische Überhöhung des Bizarren. Und nur diese interessierte Agnes wirklich, sie ließ sie nicht los. Was sonst noch passierte in ihren sinnlichen Hallen, das war den Besuchern überlassen, solange es den Stil ihres Hauses nicht beeinträchtigte.

Die von ihnen ausgehenden Angebote jedoch folgten einer klaren Philosophie. Sie wollte dem vermeintlich niederen Trieb seine wahre Würde geben, denn die Sinnlichkeit war für sie ein Teil unseres menschlichen Wesens. Und die Ekstase, das sogenannte Außer sich sein, Entrückt sein, ist in Wirklichkeit der glückselige Moment, in dem wir ganz bei uns sind und zugleich vollkommen eins sind mit dem geliebten Menschen, der uns in diesem Himmel führt, begleitet, folgt, uns liebend umklammert, wenn die Fluten der Lust uns hin wegzureißen und der Ausbruch des Vulkans uns zu verschlingen drohen. Glücklich sind die, die in ihrem alltäglichen Leben bereits diese Oasen geschaffen und bewahrt haben. Aber wie manchmal erst der schöne Urlaub das Heimkommen zur Freude werden lässt, so braucht es oft auch den Ausbruch aus den Gewohnheiten, den veränderten Blick auf sich selbst, die Auszeit, um sein gewohntes Leben wieder als beglückend wahrzunehmen. Der Sinnsucher findet dies in der Ruhe und Abgeschiedenheit des Klosters, und Agnes selbst, und das würde keiner glauben, verbrachte jedes Jahr eine Woche hinter solchen Mauern, die die Erfahrung von Jahrhunderten bergen. Die Weisheiten der Antike über das erotische Wesen des Menschen erfuhren ihre Renaissance in Oasen, wie Agnes sie geschaffen hatte.

Agnes achtete alle Menschen, die zu ihr kamen, denn irgend etwas fehlte ihnen, war ihnen verloren gegangen oder drohte gerade, ihnen zu entgleiten.

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