Claudia und die Marokkaner

21 3-6 Minuten 0 Kommentare
Claudia und die Marokkaner

Claudia und die Marokkaner

Anita Isiris

Eigentlich wollte er nur noch ein paar CDs holen. Die Neue von Udo Lindenberg. Mark Knopfler. Roger Waters. Bereits im Treppenhaus schlug ihm der Geruch von Chili-Schoten entgegen. Alles hier war ihm so vertraut – sogar die abgeschlagene Ecke bei der Haustür, wo Claudia einst, im Streit mit ihm, einen Skischuh hingeschleudert hatte. Er empfand ein eigentümliches Gefühl im Bauch, dem er aber keine Beachtung schenkte. Verdrängen war ohnehin seine Lebensstrategie. Schöne Momente hinauszögern bis ins Endlose, Problemsituationen in einer ähnlichen Dimension verdrängen – und so gar nicht an sich herankommen lassen. So hatte er sich sein Leben gestaltet – und gar nicht mal so schlecht, wie er fand.

Bis auf die Trennung von Claudia.

Kurz vor Weihnachten hatte sie ihn aus der gemeinsamen Wohnung geschmissen, ihn, den Frauen doch sonst so gut mochten.

«Ein einzig’ böses Weib

Lebt hier auf dieser Welt

Nur schlimm, dass jeder seins

Für dieses Ein’ge hält»

Dieser Lichtenberg-Aphorismus war es gewesen, der ihre Beziehung zerrüttet hatte. Allmählich hatte er tatsächlich, ohne das im Grunde zu wollen, alles Negative, alle Enttäuschungen auf seine Claudia projiziert. Und die hatte das nicht lange geschluckt und mit verbalen Waffen, später auch mit den Fäusten auf ihn gefeuert.

Derart in Gedanken versunken, öffnete er die Haustür; sie war unverschlossen. Der Chili-Geruch verstärkte sich sofort, aber da schwang noch eine andere Duftessenz mit. Schwer, süsslich. Claudias Parfum? Kaum – sie trug immer l’Air du Temps hinter den Ohrläppchen auf – und dieses Parfum erregte ihn sofort, weil es ihn in Zeiten zurückversetzte, als sie, in langen Regennächten, in Schottland im kleinen blauen Zweierzeit miteinander gevögelt hatten. Wieder und wieder. Was denn sonst… wenn die dünnen Wände dem Nass nicht mehr standhalten konnten und die Taschenlampenbatterie leer war? Seither hatte er Körperlichkeit mit einer Frau nie wieder so intensiv erlebt. Claudias Haar. Claudias Atem. Claudias Hals. Claudias hellbraune, steife kleine Nippel. Claudias Bauch. Claudias Arsch, klar. Claudias Vulva, sowieso. Claudias feucht glitzerndes Liebesloch, aber sowieso.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 15659

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben